Zurück aus Kalkutta
Die Spendeninitiative Pradip hilft indischen Straßenkindern von Alicante aus
Anja Fischer, Lehrerin der Europäischen Schule Alicante, leitet seit über 20 Jahren die Spendenaktion Pradip, mit der sie in Kalkutta Straßenkindern hilft. Zuerst von Deutschland aus und seit drei Jahren von Alicante aus organisiert sie verschiedene Projekte, wie Hilfe für Behinderte und Waisen, für Kinder von Prostituierten und Leichenverbrennern sowie Klassen für Schulunterricht, die mit Hilfe von Partnerorganisationen umgesetzt werden.
Ostern war sie wieder vor Ort, begleitet von einer Kollegin der Europäischen Schule, Dorothea Weiss. „Wir denken, wir sind abgebrüht und darauf vorbereitet, aber die Kontraste sind doch noch stärker, als man verkraften kann. Tatsächlich zu erleben, wie Menschen auf der Straße leben, ist etwas ganz anderes. Der Unterschied zwischen der Präsenz der Kinder in der Schule und ihrer Wohnsituation war ein emotionaler Schock“, sagt Weiss über ihren Eindruck, bei einem Treffen in Fischers Wohnung. Stefanie Segmiller, Juristin und Selbständige in Alicante, war im vergangenen Jahr dabei. Für sie waren die Projekte ein Trost. Wenigstens diesen Kindern, die hier im Rahmen von Pradip betreut werden, ginge es gut, sagt sie mit sichtlicher Erleichterung. Gewaltige Kontraste Ina Hellmann hatte Fischer vor zwei Jahren begleitet. Die extremen Kontraste haben auf die Kunstlehrerin einen nachhaltigen Eindruck gemacht. „Da geht ein Mädchen in der luxuriösen Shopping Mall arbeiten und dann zurück in die Hütte, die dem nächsten Monsun nicht standhält und in der es mit vier Schwestern, der Mutter und dem schwerkranken Vater lebt. Und das Mädchen hat Glück, dass es die verhältnismäßig gut bezahlte Arbeit hat und die gesamte Familie ernähren kann“, erzählt sie erschüttert.
Anja Fischer ist inzwischen gelassener. Auch ihr gehen Situatio- nen an die Nieren, aber sie hat gelernt, sich an den positiven Auswirkungen, den Erfolgen ihrer Arbeit, aufzurichten. Sie hat in den vielen Jahren Kinder bis zum Erwachsenwerden begleitet und sieht, wie diese allein dadurch, dass sie zum Schulunterricht gehen konnten, bessere Arbeit finden.
Kolleginnen, Freundinnen und auch ihr Ehemann waren mit ihr in Indien. Sie alle loben die Arbeit von Pradip. Sie ist gut organisiert und absolut glaubwürdig, weil jeder Cent nachgewiesen wird und an konkrete Projekte geht. Da fließt nichts in die Verwaltungskosten in Deutschland und Spanien, die werden privat getragen. Und das Geld wirkt Wunder: Mit einem einzigen Euro können Imbisse für viele Kinder gekauft wer- den, die nachmittags bei den Schulaufgaben betreut werden.
Die Deutschen, die in Kalkutta waren, sind von der großen Solidarität der Kinder untereinander beeindruckt. „Denen geht es nicht gut, aber sie kümmern sich um die, denen es noch schlechter geht, sind zärtlich, beziehen sie ein“, sagt Segmiller. Davon können wir hier lernen. Die Lehrerinnen beziehen ihre Schüler in die Erfahrungen in Indien ein. Schulprojekte fördern den kulturellen Austausch.
Wir malen, erzählt Ina Hellmann, und tauschen die Bilder aus. Zu dem Thema „Wie stellen wir uns die Zukunft vor, was ist der größte Wunsch?“, gab es durchaus Überschneidungen: etwa, wenn Schülerinnen Tänzerinnen werden wollen. Das sah für die Kinder in Kalkutta und in Alicante ähnlich aus. Aber dann gab es ganz große Unterschiede: „Einmal in ein Restaurant gehen und Hähnchen essen oder einmal in einer Stadt leben, in der die Luft sauber ist“, schrieben indische Kinder. Das können sich die im Vergleich privilegierten