Im zweiten Anlauf geschafft
Erstmals ist wieder ein hoher Posten auf europäischer Ebene mit einem Spanier besetzt. ExWirtschaftsminister Luis de Guindos hat am 1. Juni sein Amt als Vizepräsident der Europäischen Zentralbank in Frankfurt/ Main angetreten. Der 58-Jährige gilt als seriös und kompetent.
De Guindos ist studierter Wirtschafts- und Betriebswissenschaftler. Mitte der 90er Jahre ging de Guindos in die Politik, arbeitete unter dem PP-Regierungschef José Maria Aznar im Wirtschaftsministerium und stieg dort bis zum Staatssekretär auf. Als 2004 die Sozialisten die Parlamentswahl gewannen, wechselte de Guindos in die Wirtschaft. Er wurde SpanienChef der US-Investmentbank Lehman Brothers, deren Untergang 2008 als Ausgangspunkt der weltweiten Finanzkrise gilt.
Als die Volkspartei die Wahl 2011 gewann, holte ihn Regierungschef Mariano Rajoy ins Kabinett. De Guindos übernahm das Wirtschaftsministerium. Er reformierte das marode spanische Finanzsystem, und unter seiner Amtszeit erholte sich Spanien von der schweren Wirt- schaftskrise. Bei seinen EU-Kollegen genoss de Guindos daher großen Respekt.
2015 bewarb sich de Guindos um den Vorsitz der Eurogruppe. Doch er hatte das Nachsehen. Der Niederländer Jeroen Dijsselbloem machte das Rennen. Als die Regierung de Guindos Anfang Februar dieses Jahres für das Amt des EZB-Vize nomi- nierte, kamen die Regierungschefs der Eurogruppe nicht mehr an dem Spanier vorbei.
Ein Südeuropäer als EZB-Vizepräsident könnte Auswirkungen auf die Zukunft von Bundesbank-Chef Jens Weidmann haben. Beobachter meinen, dass er als Nordeuropäer gute Chancen auf die Nachfolge von EZBChef Mario Draghi habe. (tl)