Hoffnung und Trotz
Lokalpolitiker der Vega Baja positionieren sich zum Machtwechsel in Madrid
Stimmen zum Machtwechsel: Wie Lokalpolitiker der Vega Baja die neue Situation beurteilen
Orihuela – mar. Der abrupte Machtwechsel in Madrid hat seine Schockwellen bis in die entlegensten Provinzen getragen. Lokalpolitiker der Vega Baja fühlten sich bemüßigt, Stellung zu nehmen. Parteien links von der PP, also fast alle außer den Ciudadanos, zeigten Erleichterung und erinnerten daran, dass die Abwahl Rajoys nicht von ungefähr kam, sondern eine unausweichliche Konsequenz des Gürtel-Skandals ist. Der wiederum sei nur die Spitze eines riesigen Korruptions-Eisbergs namens PP, hieß es in ähnlich klingenen Aussendungen der Grünen aus Torrevieja wie der Vereinigten Linken aus Pilar de la Horadada.
Mehr Autonomie gefordert
Die PSOE, aber auch die Grünen, die in Torrevieja den Bürgermeister stellen, sowie Compromís, Cambiemos, Vereinigte Linke und kleinere Lokalparteien hoffen, dass jetzt die chronische Unterfinanzierung von Land und Provinz beseitigt werden kann und unter einer PSOE-Regierung die „Autonomierechte der Gemeinden wieder hergestellt werden“, wie Bürgermeister José Manuel Dolón erklärte.
Konkret hofft er auf kurzfristige Finanzierung durch die Madrider PP dezent schubladisierten Infrastruktur-Projekten im dreistelligen Millionenbereich. Dolón gratulierte Sánchez höflich, übersandte ihm aber sogleich einen ellenlangen Wunschzettel mit konkre- ten Forderungen von Eisenbahnanschlüssen bis N-332-Umleitung. Links- und Alternativparteien, aber auch valencianische Nationalisten erhoffen sich durch den Machtwechsel Rückenwind für die Kommunalwahl in einem Jahr, bleiben aber zurückhaltend.
Denn die Mehrheitskonstellationen in Madrid sind bekanntlich fragil und vorgezogene Neuwahlen, deren Abhaltung von Sánchez in einigen Monaten erwartet werden, könnten die Gemengelage bei der Kommunalwahl im Mai 2019 durcheinanderwirbeln. Sollten die Parlamentswahlen zeitnah stattfinden, „werden Lokalthemen unter die propagandistischen Räder der Madrider Politik geraten, weil alles auf einen Showdown zwischen PP, PSOE und Ciudadanos“hinausliefe, kommentierte Karlos Bernabé, Sprecher von Cambiemos Orihuela.
Warten auf den Bumerang
Auf diesen Bumerang-Effekt hofft hingegen die PP, die den Schock des Machtverlustes in Madrid mit Eigenlob und Angriffen auf den politischen Konkurrenten auch auf lokale Ebene überkompensiert. Eduardo Dolón, langjähriger Bürgermeister, jetzt bissiger PP-Oppositionsführer in Torrevieja und Vizepräsident der Provinzverwaltung, übte sich mit Parteifreunden am Wochenende in Alicante in Trotzoptimismus und hymnischer Verklärung der Rajoy-Ära.
Der Ex-Ministerpräsident hätte „das Land aus einer der größten Wirtschaftskrisen seiner Geschichte und vor dem Staatsstreich in Katalonien gerettet“, hieß es da. Die PP-Mitglieder Alicantes sollten stolz darauf sein, „an seiner Seite während eines der dunkelsten Kapitel der spanischen Demokratie gekämpft zu haben“.
Zu den verurteilten und noch angeklagten PP-Funktionären, zu Korruption und Amtsmissbrauch fiel auf der Veranstaltung kein Wort, auch nicht zu aktuellen Fällen wie in Orihuela (siehe Seite 20).