Weltmeister in Organspende
Warum das spanische Modell als vorbildlich gilt und die Deutschen kein Vertrauen in ihre Regelung haben
Madrid – sk. Jedes Jahr am 7. Juni wird Spanien Weltmeister. Ein aufs andere Mal schiebt sich das Land seit über 25 Jahren an die Spitze aller Organspendenationen. Auf eine Million Menschen kommen in Spanien fast 44 Organspender. Feiern lässt sich dieser Platz am Welttag der Organspende zwar nur bedingt, denn auch hierzulande warten 5.000 Kranke auf ein Spenderorgan. Doch in Deutschland stehen auf der Warteliste mehr als doppelt so viele Patienten und die Zahl der Organspender beläuft sich nach Angaben der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) gerademal auf 10,9 pro Million Einwohner. Täglich sterben im Schnitt drei dieser Patienten.
Für den Erfolg in Spanien und den Misserfolg in Deutschland gibt es Gründe. Da wären einmal rechtliche Unterschiede. Das spanische Organspendegesetz sieht grundsätzlich jeden Bürger als einen potentiellen Organspender, falls er sich nicht explizit dagegen ausspricht. In Deutschland muss man aktiv seinen Willen zur Organspende bekunden.
Wille der Familie wird respektiert
Nichtsdestotrotz müssen die zuständigen Mediziner auch in Spanien die Genehmigung der Hinterbliebenen einholen. „In der Praxis wird der Wille der Familie immer respektiert“, versichert der Verband gegen Nierenkrankheiten Alcer, auf dessen Webseite www.al cer.org man eine Organsspendeerklärung abgeben kann. Nicht zuletzt diese Widerspruchsregelung ermöglicht es, dass pro Jahr über 2.000 Organspenden und fast 5.000 Transplantationen durchgeführt werden können.
Organspender in Deutschland müssen einen Spendenausweis besitzen oder Angehörige müssen die Spendenbereitschaft nachträglich als Willen des Verstorbenen angeben. Rund 36 Prozent besitzt zwar so einen Ausweis, doch als Spender von Organen wie Niere, Leber, Herz, Lunge, Bauchspeicheldrüse und Dünndarm kommen nur wenige in Frage, da der Hirntod vor dem Herzstillstand eintreten muss. Ergo warten derzeit in Deutschland 8.000 Menschen auf eine neue Niere, viermal so viele wie Trans- plantate vermittelt werden können. 2017 sanken die Organspendezahlen zudem auf den niedrigsten Stand seit 20 Jahren.
Von vorneherein Organspender
Während Spanier per se Organspender sind, müssen Deutsche aufgrund der Entscheidungslösung sich mit dem Thema Tod und Organspende auseinandersetzen. Das macht man nicht gerne. Ferner sinkt in Deutschland das Vertrauen in die Organspende seit bekannt ist, dass 2012 Ärzte an mehreren deutschen Universitätskliniken offenbar Patientendaten manipulierten und so die Vergabe von Spenderlebern beeinflussten. So hält viele eine diffuse Angst vor möglichem Missbrauch oder Organhandel ab, ihre Spendenbereitschaft zu bekunden. Andere fürchten nach Angaben der DSO, dass im Ernstfall nicht mehr alles medizinisch Notwendige für sie getan wird.
In Spanien scheint es diese Ängste nicht zu geben. Das Land blickt stolz auf ein sehr transparentes, unkompliziertes und zu 100 Prozent öffentliches Organspendesystem, das ein dichtes Netzwerk gut ausgebildeter Fachleute stützt. Die Organspende gilt als ein freiwilliger, altruistischer Akt, der Empfänger muss weder für sein Organ bezahlen noch darf er erfahren, von wem es stammt.