Zauberhaftes Dorf
Im beschaulichen Dörfchen Carrícola gibt es neben viel Natur auch außergewöhnliche Kunstobjekte zu entdecken
Beschauliches Örtchen Carrícola in Valencia ist etwas für Kunstund Naturliebhaber
Mit gerade einmal 80 Einwohnern zählt Carrícola im Vall d’Albaida (Provinz Valencia) nicht zu den Ortschaften, in denen sich ein historisches Bauwerk an das andere reiht. Dennoch ist es der Gemeinde wie kaum einem anderen Dorf im Hinterland der Levante-Küste gelungen, sich als beliebtes Ausflugsziel zu behaupten. Carrícola setzt auf nachhaltigen Tourismus und bietet Natur- und Kunstfreunden inmitten herrlicher Natur am Fuße der Sierra Benicadell eine äußert attraktive Kulturlandschaft, die mit verschiedensten Elementen überrascht.
Kein Mensch begegnet uns, als wir uns an einem sonnigen Freitagmorgen zum Aufstieg auf den Berg Benicadell machen. Über die Straße Carrer Trinquet geht es zunächst links an der Kapelle Santísimo Cristo del Calvario (19. Jahrhundert) vorbei. Und da sieht man sie schon von weitem: Auf einem Felsvorsprung in 420 Metern Höhe thront Carrícolas Festung aus der Epoche des Al-Andalus, also aus einer Zeit, in der sich die Mauren vor den Angriffen katalanischer und aragonesischer Truppen schützen mussten. Geschichtlichen Überlieferungen zufolge zählt sie zu den letzten Festungen dieser Epoche, die damals von den Mauren in der Region errichtet wurden.
Der Aufstieg führt über einen teils steinigen und zuweilen etwas steil ansteigenden Weg. Da, wo es für Ungeübte etwas schwierig werden könnte, bietet ein Seilgeländer Bremshilfe.
Eine wohltuende Stille liegt über dem Benicadell. Der Zivilisation so nah und doch ist man hier mit sich und der Natur alleine. Summende Insekten auf gelb, lila oder pink blühenden Pflanzen, gurrende Tauben statt Stimmengewirr und Motorlärm. Aus weiter Ferne weht Hundegebell und das Blöken von Schafen herüber.
Inmitten dieser friedlichen Stille hat man auf einmal das Gefühl, inmitten eines Zauberwaldes zu stehen. Wie lange mag uns dieses große Auge schon beobachtet haben und wie kommt man wohl am schnellsten an der riesigen Spinne vorbei? Je nach Licht und Schatten wird man vielleicht erst beim zweiten Hinschauen das Kunstwerk „Supervivència. Homo sapiens“(„Überlebenschance. Homo sapiens“) entdecken, das vor einer Höhle wacht, und ein hoher Stapel Bücher, der den Namen „El Palomar“(„Der Taubenschlag“) trägt, zeigt uns die umliegenden Orte an.
66 Künstler aus Carrícola sowie aus Orten wie Albaida, Alcoy, Alaquàs, Ontinyent, Almassera, Oliva, Quatretonda, aber auch Valencia und Sagunto haben hier ihre künstlerischen Spuren hinterlassen, indem sie sich 2010 an dem Projekt „Biodivers Carrícola“(„Nachhaltiges Carrícola“) beteiligt haben. Ihre Kunstwerke säumen den Aufstieg zur Festung sowie die Route „Els Camins de l‘aigua“(„Die Wege des Wassers“), die an dem alten Waschhaus des beschaulichen Örtchens beginnt.
Für einen Besuch in Carrícola sollte man Zeit einplanen. Wie lange man letztendlich unterwegs sein wird, hängt nicht zuletzt auch davon ab, wie intensiv man sich den Kunstobjekten widmet und wie ausgiebig man die spektakulären Aussichten genießen mag.
Kunstwerke an Hausfassaden
Wer es eher gemütlich angehen lassen will, kann sich eine Route für den Vormittag und nach einer Mittagspause die zweite Tour vornehmen. Beide Strecken sind für die gesamte Familie, also auch für Kinder, geeignet. Die Möglichkeit zum Mittagessen hat man zum Beispiel im Hostal Rural Carrícola, wo es ein Tagesmenü mit drei Vorspeisen und einem Hauptgang für 15 Euro gibt. Übernachtungen sind ebenfalls in dem Landgasthof möglich.
Auch in dem liebevoll gepflegten Ortskern gibt es einiges zu entdecken. Zum Beispiel das restaurierte Waschhaus, an dem einst die Frauen des Dorfes ihre Wäsche wuschen und in dem man sich an heißen Tagen erfrischen kann, die Pfarrkirche, die auf den Resten ei- ner Moschee (7. Jahrhundert) erbaut wurde, die zahlreichen Kunstwerke an Hausfassaden, auf Dächern und Mauervorsprüngen, oder auch der Schneckenbrunnen an der Plaza de la Constitución. Wer sich am Wochenende nach Carrícola aufmacht, sollte sich auf Trubel einstellen. Nicht zuletzt auch wegen des sonntäglichen Bauernmarktes, auf dem naturbelassene Produkte angeboten werden. Bereits seit den 1980er Jahren widmet sich der Ort als einer der Vorreiter der Region dem ökologischen Anbau.
In der näheren Umgebung empfiehlt sich der Besuch weiterer Orte. Zum Beispiel das durch seine vielen Sonnenuhren bekannte Nachbardorf Otus, der Ort Albaida (3,8 km) mit seinem internationalen MarionettenMuseum oder Bocairent (14,4 km) mit seiner malerischen Altstadt. Nach Carricola gelangt man ab Gandía über die zunächst vierspurige CV-60 in Richtung Rótova/L‘Ollería. Nach 23,2 Kilometern rechts abbiegen (Salida 11 Bèlgida/ Otos), im Kreisverkehr die 3. Abfahrt in Richtung Otos (CV-667) nehmen. Durch den Ort durchfahren und nach der Ausfahrt dem Schild Carrícola folgen.