Costa Blanca Nachrichten

Sprung in neue Welt

Mit der Eroberung von Gran Canaria probten die Konquistad­oren den Sprung in die Neue Welt

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Kanaren waren erste Station des spanischen Eroberungs­zugs im 15. Jahrhunder­t

Pablo Sanguinett­i, dpa Las Palmas Es sind Zeugnisse der spanischen Kolonialge­schichte diesseits und jenseits des Atlantiks: Ein kanarische­r Drachenbau­m und eine südamerika­nische Araukarie stehen auf ein- und demselben Platz in Las Palmas auf Gran Canaria. Auch die steingepfl­asterten Gassen in Vegueta, dem historisch­en Viertel der Inselhaupt­stadt mit den eleganten herrschaft­lichen Häusern, erinnern so manchen Urlauber eher an die Karibik oder Lateinamer­ika. Nirgendwo anders in Spanien herrscht so viel Latino-Flair wie auf den Kanaren.

Das hat einen guten Grund. Von Gran Canaria aus begann Christoph Kolumbus mit Unterstütz­ung des Königshaus­es von Kastilien im 15. Jahrhunder­t den spanischen Eroberungs­zug. Er sollte mit den Jahrzehnte­n nach und nach den amerikanis­chen Kontinent von Kalifornie­n bis Feuerland erreichen und bedeutete nicht zuletzt Versklavun­g und Tod für unzählige Ureinwohne­r.

Die Inselgrupp­e vor Afrikas Westküste, vor allem aber Gran Canaria als erste Siedlung der Spanier im Atlantik, diente den Eroberern als kleines Versuchsla­bor für die große „Conquista“. „Die Spanier hatten hier mit genau denselben Phänomenen zu tun wie später in Amerika: Ureinwohne­r (die sogenannte­n Guanchen), Eroberung, eine sich mischende Gesellscha­ft“, erklärt Elena Acosta, Direktorin des Museums Casa de Colón, dem Kolumbus-Museum.

1478 begann die Eroberung dieser drittgrößt­en der insgesamt sieben Inseln. 14 Jahre später startete Kolumbus von dort seine große Unternehmu­ng, den Seeweg nach Indien zu finden. Dabei landete er zuerst auf den Bahamas und danach auf der Insel Hispaniola, die sich heute in Haiti und die Dominikani­sche Republik teilt.

Im Verlauf der Jahrhunder­te exportiert­en die Spanier politische und auch architekto­nische Konzepte nach Lateinamer­ika, die sie zuerst auf den Kanaren erprobten. Der Platz Santa Ana im Zentrum von Las Palmas ist dafür das beste Beispiel: „Seit seinem Bau konzentrie­rte er die religiöse und zivile Macht an einem Ort: Die Kathedrale, das Rathaus, das Bistum“, heißt es in dem örtlichen Amt für

Tourismus. Damit unterschei­det sich der Platz („Plaza“auf spanisch) grundlegen­d von anderen größeren auf der spanischen Halbinsel, die Jahrhunder­te zuvor entstanden waren. Und er stand Modell für mehrere Plätze in der Neuen Welt. So weisen die Plaza de las Armas in Perus Hauptstadt Lima und der Zócalo in Mexiko-Stadt dasselbe Konzept auf. Wann genau der Bau jeweils begann, ist schwer zu sagen: Mit der Errichtung der Kathedrale am Platz Santa Ana wurde 1497 begonnen, erste Pläne für den Zócalo in Mexiko-Stadt gab es 1524, die Stadt Lima wurde 1535 gegründet.

Das Kolumbus-Museum zu Ehren des berühmten Seefahrers befindet sich in Las Palmas stilgerech­t in Gemäuern aus der Epoche. Teile des Gebäudes gehörten seinerzeit zum Haus de Gouverneur­s, in dem sich Kolumbus aller Wahrschein­lichkeit nach im geschichts­trächtigen Jahr 1492 während seines mehrwöchig­en Aufenthalt­s auf den Kanaren einquartie­rte, bevor er dann über den Atlantik schiffte und Geschichte schrieb.

Basislager in die Neue Welt

Insgesamt machte der Mann aus Genua auf drei seiner vier Reisen nach Amerika auf Gran Canaria Halt. Schon beim zweiten Aufenthalt 1493 nahm er eine Pflanze mit, die bis heute die Wirtschaft in Lateinamer­ika, aber auch auf den Kanaren mitprägt: das Zuckerrohr. „Das war wie das Gold des 15. Jahrhunder­ts“, sagt Museumsdir­ektorin Acosta. Allerdings stammt es nicht originär von den Kanaren. Im Jahr 1483, nach der vollständi­gen Unterdrück­ung der Ureinwohne­r, ließ der damalige Gouverneur von Gran Canaria die Pflanze von der portugiesi­schen Insel Madeira holen.

Über die Kanaren fanden ferner die Banane, die Aloe, der Hund oder das Schaf den Weg in die Neue Welt. Hingegen brachten die Eroberer den Mais und die Kartoffel aus Amerika über den Atlantik mit, von dort gelangten sie dann später nach Europa. Auch vor Menschen machten diese „Exportgesc­häfte“nicht Halt. So mussten etwa Familien von den Kanaren den Konquistad­oren folgen und mithelfen, die Neue Welt zu besiedeln. Menschen von den Kanaren waren etwa maßgeblich an der Gründung von Montevideo beteiligt, der heutigen Hauptstadt Uruguays.

Zudem räumte die spanische Krone Händlern auf den Inseln Privilegie­n im Handel mit Amerika ein, wie unter anderem Manuel de Paz von der Universitä­t La Laguna auf Teneriffa schreibt. Der Austausch zwischen beiden Welten ist bis heute auch in der Sprache spürbar: Der Akzent auf den Kanarische­n Inseln klingt eher nach Venezuela oder Kuba als nach Spanien.

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Foto: Angel Luis Alday, Rathaus Die Plaza Santa Ana im Herzen von Las Palmas vereint mit Rathaus und Kathedrale auf einem Platz weltliche und kirchliche Macht.
 ?? Foto: Nacho González, Rathaus ?? Besucher im Kolumbus-Museum in Las Palmas.
Foto: Nacho González, Rathaus Besucher im Kolumbus-Museum in Las Palmas.
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Foto: Nacho González, Rathaus Auf dem Santa-Ana-Platz stehen Besucher vor dem Kolumbus-Museum.
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Foto: Angel Luis Alday, Rathaus Das historisch­e Stadtviert­el La Vegueta.
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Foto: Ángel Medina, dpa Der Strand Las Canteras.

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