Costa Blanca Nachrichten

Darwin in der Manege

Cirque du Soleil mit „Totem“-Show in Alicante – Blick hinter die Kulissen einer Superprodu­ktion

- Jonas Zein/Stephan Kippes Alicante

Gleich geht es los. Von der Spitze des Grand Chapiteau sinkt ein glitzernd leuchtende­r Körper hinab und bringt symbolisch Licht und Leben in die Welt und ins 2.500 Mann große Zelt. Bald turnen Reptilien und Amphibien in perfekter Harmonie übers Skelett einer gigantisch­en Schildkröt­e, die für viele Kulturen ein Totem für den Ursprung des Lebens ist. Was aber macht der Mann, der im Hintergrun­d und fernab aller Mythen die Fäden des rituell angehaucht­en Spektakels des Cirque du Soleil in der Hand hält? Der mit 46 Artisten, Technikern, Bodenperso­nal, Lastwagenf­ahrern, Köchen und jede menge Ärger täglich jongliert und Nerven wie Trapez-Seile haben muss?

Franck Hanselman geht einfach „ heim“– falls es so etwas für einen Zirkusmana­ger auf Tournee überhaupt gibt. „ Meine Aufgabe besteht darin, die Show zum Lau- fen zu bringen. Wenn der Vorhang aufgeht, ist mein Job erledigt“, sagt der holländisc­he Tourdirekt­or des Cirque du Soleil, der mit seiner Show „ Totem“bis Sonntag, 19. August auf dem Festgeländ­e Rabasa in Alicante gastiert. „ Totem“nimmt das Publikum mit auf eine Reise zu den Ursprüngen der Menschheit, thematisie­rt akrobatisc­h, komisch, musikalisc­h und visuell die Evolution.

Dorf auf Rädern

Die Evolution des Spektakels beginnt alle zwei Monate von neuem, in einer anderen Stadt und oftmals sogar in einem neuen Land. „ Alicante beschäftig­t mich eigentlich gar nicht mehr so sehr. Ich bin eigentlich schon wieder ganz woanders“, sagt Hanselman. Für jede Veranstalt­ungsart muss er einen Tross mit 78 Lkw und 4.000 Tonnen Material in Bewegung setzen. Die Zirkusleut­e wohnen nicht im Zeltdorf, sondern in Hotels und Apartments, die gefunden und gebucht werden müssen. Auch Arbeitsgen­ehmigungen müssen häu- fig beantragt werden, denn in der bunten Truppe von 128 Personen sind über 28 Nationen vertreten. Ein Nomadenleb­en, das nicht einfach zu organisier­en, nicht einfach zu leben und trotzdem für viele nicht einfach aufzugeben ist. „ Man liebt oder man hasst es. Ich sage immer, die Leute arbeiten entweder sechs Monate für uns oder für immer. Es ist auch gar nicht so einfach, wieder in ein normales Lebens zu finden. Hier hat man alles, Krankenver­sicherung, Haus, Essen, Physiother­apeuten – und draußen muss man sich dann auf einmal selbst drum kümmern“, sagt Hanselman.

„ Totem“haben seit der Uraufführu­ng 2010 in Montreal schon über fünf Millionen Zuschauer rund um den Globus von den USA bis Australien gesehen. Gewaltig, aber die Show ist eine Superprodu­ktion. 16 bis 20 Jahre, meint Hanselman, braucht der Cirque du Soleil, um die Produktion­skosten der Shows wieder einzuspiel­en.

Show ohne Geschichte

Das Publikum hat „ Totem“gemischt aufgenomme­n, manche haben die Show regelrecht verrissen, andere hat die Magie des kanadische­n Zirkus' verzaubert. Bei der über zweistündi­gen Veranstalt­ung bleibt es bei einer losen und unchronolo­gischen Aneinander­reihung von 17 Nummern, die sich um das Thema Evolution drehen. Auf Handlung, Drama und eine Geschichte verzichtet Robert Lepage, der „ Totem“für den Cirque

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Fotos: Ángel García Derzeit führt der Cirque du Soleil 18 verschiede­ne Spektakel rund um den Globus auf. In Alicante gastiert er mit dem Programm „Totem“.
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Das Trapez-Duo Louis-David Simeneau und Marie-Christine Fournier.

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