Trockene Köstlichkeit
Nach der Verleihung des Kulturerbe-Titels feiert Jesús Pobre die Escaldá besonders groß
Wie im 19. Jahrhundert: Jesús Pobre feiert Rosinenherstellung Escaldá ab 26. August
Jesús Pobre – se. Am letzten Sonntag im August begibt sich Jesús Pobre immer auf eine Zeitreise: Die Dorfbewohner versammeln sich in traditioneller Kleidung um den Riurau-Bogengang und stellen ab 10 Uhr nach altüberlieferter Weise Rosinen her – sie zelebrieren die sogenannte Escaldá. Dieses Jahr feiern sie das Fest mit besonderer Begeisterung. Denn Jesús Pobre hat nach jahrelangen Bemühungen erreicht, dass das Land Valencia die Escaldá zum Kulturerbe (Bic) erklärt.
„Wir beginnen diesmal schon am Freitag, 24. August, um 23 Uhr mit valencianischer und mediterraner Musik der Gruppe Urbalia Rurana“, berichtet Bürgermeister Javier Scotto di Tela. „Und am Sonntag bieten wir dann eine Ausstellung alter Werkzeuge, Workshops alter Handwerkskunst, eine Schau des Vereins Riuraus Vius über die Bogengänge sowie eine Verkostung von Trauben, Sultaninen und Wein der Bodega Les Freses.“
Auch die Gasthäuser Restaurante Pedro, Restaurante Casa Rosita und Restaurante Sequer haben sich etwas Besonderes einfallen lassen. Sie bereiten Gerichte mit Weintrauben oder Sultaninen zu. „Riurau-Salat, Ofenreis mit Rosinen oder Rinderwange mit Sultaninen“, zählt der Bürgermeister auf. Das Menü kostet 16 Euro, eine Reservierung wird empfohlen.
Doch im Mittelpunkt des Festes steht natürlich die Escaldá: „Nach einem Frühstück in alter Tradition schüren wir Männer gegen 10 Uhr den gemauerten Ofen am Riurau an und brühen die Trauben in einer Kräutermischung, damit ihre Haut Risse und eine schöne Farbe bekommt“, erzählt Pepe Fornés, der jedes Jahr dabei ist. Die Frauen legen die Früchte dann auf Matten aus Schilfrohr und rufen immer wieder: „Tallan!“(zu deutsch etwa: Sie springen auf!), um den Männern zu versichern, dass alles gut läuft.
Der 64-jährige Fornés hat schon als Kleinkind seiner Mutter bei der Arbeit geholfen. „Ich legte kleine Holzblöcke zwischen die Matten, damit man sie besser stapeln kann“, erinnert er sich schmunzelnd. „Ich weiß noch wie meine Mutter sagte: Pep, in jede Ecke eines, das fünfte in die Mitte.“
Die Früchte werden dann neben dem Riurau in der Sonne getrocknet. „Als Kind habe ich oft mit meinem Vater nachts im Bogengang geschlafen, um sie schnell hereinbringen zu können, wenn Regen drohte“, berichtet der 78jährige Luis Pons aus Jesús Pobre. Heute dagegen deckt man die Sultaninen nachts mit Plastikplanen ab, um sie vor Regen oder Morgentau zu schützen. Nach zwei Tagen werden sie gewendet. „Und nach vier Tagen sind sie fertig“, sagt der Spanier.
In den goldenen Jahren der Rosinenherstellung – der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts und den ersten Jahrzehnten des 20. – habe man die Früchte dann in den Hafen nach Dénia gebracht, um sie vor allem nach England zu verschiffen, berichtet Pepe Fornés. „Aber als ich klein war, also Mitte der 50er Jahre, war das lange vorbei“, bedauert er. „Soweit ich mich erinnere, kamen nur ein paar Händler mit Wagen, die die Rosinen nach Barcelona fuhren.“
Als die Escaldá noch kein nostalgisches Fest, sondern Broterwerb war, sei sie hart gewesen. „Wir Kinder mussten früh aufstehen und schleppten den ganzen Tag Traubenkörbe.“Doch diese andere Welt hatte auch schöne Seiten. „Wir frühstückten alle zusammen: Es ist bis heute in mein Gehirn eingebrannt, wer immer was mitbrachte und wie toll es schmeckte“, erinnert sich der Spanier. „Da gab es Ofengemüse, gesalzenen Fisch und Sodawasser mit Zitrone.“