Vorhang zu
Torrevieja erlebte einen „Kultursommer“voller Pleiten, Pech und Pannen
Mit Stars wie Luz Casal, La Unión oder Joan Manuel Serrat, bunten Festivals und karibischem LatinoFlair wollte die kulturell selten überladene Ferienstadt Torrevieja ihren Bürgern und Gästen einen unvergesslichen Sommer bereiten. In Erinnerung wird dieser Sommer vielen tatsächlich bleiben – jedoch wegen kurzfristiger Absagen, amtlicher Stornierungen und chaotischer Verlegungen. Rathaus, Veranstalter, Künstler und Opposition schieben sich nun gegenseitig den Schwarzen Peter zu. Liegt die Pannenserie an schlechter Vorbereitung, unprofessionellen Beamten, einer ungeeigneten Location oder schlicht am Kalkül der Promoter, die nicht genügend teure Tickets loswurden?
Torrevieja – mar. „ Voll geladen“sei der Kulturkarren in diesem Sommer in Torrevieja, freute sich die Stadt. Bis er gegen die Wand gefahren wurde. Zuerst sagte Liedermacher Joan Manuel Serrat sein für den 5. August annonciertes Konzert ab, den 74-jährigen zwang eine Kehlkopfentzündung zu mehrwöchigem Schweigen. Künstlerpech. Danach wurde das Festival „ Superlatino“storniert. Mangels Kundeninteresses. Die Veranstalter wunderten sich, dass es ausgerechnet in Torrevieja nicht genügend Publikum gebe, das pro Kopf 40 bis 50 Euro für einen Abend voll Reggeatón, hüftschwingender Latin-Kings und -queens berappen wollte.
Die nächste Absage kam von der Band Funambulista mit ihrem Frontmann Diego Cantero, der unter anderem für Estopa und Alejandro Sanz produziert. Dessen Agentur, Horizonte Muscial, erklärte, dass die Stadt behauptete, es würden technische Unterlagen fehlen. Das Konzert der Kultband La Unión erfüllte, das sagte die Stadt nun selbst, ebenfalls nicht die „ ad- ministrativen Auflagen“, das Konzert wurde um zwei Tage verschoben, für von außerhalb Anreisende ein nicht unerhebliches Problem.
Anders bei Luz Casal, das für den 18. August geplante Konzert der Ikone des Hispano-Rock der 80er Jahre wurde nur fünf Stunden vor Beginn abgesagt. Weil, so die offizielle Stellungnahme, „ die technischen Gegebenheiten des Veranstaltungsorts die Sicherheit der Besucher nicht garantierten“. Eine etwas eigenartige Auskunft, wenn man bedenkt, dass wenige Tage zuvor UB40 vor 2.000 Fans an gleicher Stelle musizieren konnte. Mit Casal wurde bis dato fast die Hälfte der für diesen Sommer in den Eras de la Sal geplanten Auftritte entweder gecancelt oder verlegt.
Was das Publikum besonders sauer macht: die Absagen ereilten die Konzertgänger stets nur weni- ge Stunden vor dem geplanten Beginn. In der städtischen Verantwortung für die Abwicklung der Konzerte stehen die Stadträte für Kultur und Fiestas. Sie sehen sich nun geballten Inkompetenz-Vorwürfen aus Publikum, Presse und Opposition ausgesetzt, betonen aber, dass sie sich an die Vorschriften halten müssten, während die Veranstalter diese zu umgehen suchten. Diese wiederum schießen zurück, dass die Anforderungslisten der Stadt unvollständig und teils falsch gewesen seien.
Einig ist man sich, dass das Image der Stadt Schaden genommen habe. Einige große TicketPortale wollen gar keine Tickets mehr für Events in Torrevieja verkaufen, und auch die Eras de la Sal werden im jetzigen Zustand als zwar äußerst stimmungsvolle, aber technisch schwer zu beherrschende Location in Frage gestellt.
Auffallend bleibt indes, dass bis dato keiner der Impresarios das Wort Schadensersatz oder gar Gericht in den Mund nahm. Unter vorgehaltener Hand wird daher auch spekuliert, dass die Absagen allesamt, bis auf jene von Serrat, einem wohl desaströsen Kartenverkauf geschuldet sein könnten. Das auf „ technische Gründe“zu schieben sei eine gängige Masche in der Branche zur Minimierung der Verluste.
Während die Vorgänge noch politisch und publizitär aufbereitet werden, hat ein Witzbold auf einer Facebook-Seite bereits ein Plakat für den Kultursommer Torrevieja 2019 fingiert: Amy Winehouse, Aretha Franklin, Prince und Michael Jackson hätten sich angesagt. So hätte die Stadt im nächsten Jahr wenigstens triftige, unzweifelhafte Gründe für die Stornierungen der Konzerte. Die nächsten (geplanten) Höhepunkte in den Eras de la Sal am Hafen von Torrevieja sind: Wettbewerb der Musikkapellen der Region, 25. und 26.
August, Los Secretos mit Kiko
Veneno am 31. August. Tickets besser erst an der Abendkasse lösen.
In einem ist man sich einig: Das Image der Stadt hat Schaden genommen