Tourismus schlägt Bau
Mittlerweile beschäftigt der Sektor mehr Menschen als die Bauwirtschaft zu Hochzeiten
Madrid – tl. Ohne den Tourismus wäre Spanien sicherlich nicht so schnell aus der tiefen Wirtschaftskrise gekommen. Dass er in den vergangenen Jahren zudem der Jobmotor schlechthin war, ist ebenfalls keine so neue Erkenntnis. Jetzt aber liegen Zahlen vor, die den Tourismus und seine Bedeutung für den Arbeitsmarkt erst so richtig deutlich machen.
Nach aktuellen Berechnungen des Spanischen Tourismusinstituts Turespaña waren im zweiten Halbjahr 2018 in Spanien 2,65 Millionen Frauen und Männer im Tourismus beschäftigt. Damit übertrifft er die Bauwirtschaft, die es auf dem Höhepunkt des Immobilienbooms auf 2,56 Millionen Mitarbeiter brachte. Im dritten Quartal rechnet Turespaña sogar damit, dass die Zahl der Beschäftigten im Tourismus aufgrund der Hochsaison die Drei-Millionen-Grenze überschreitet. In der Baubranche waren es im zweiten Quartal übrigens etwas mehr als 1,2 Millionen.
Die 2,65 Millionen Beschäftigten im Tourismus im zweiten Quartal machen 13,7 Prozent aller spanischen Arbeitskräfte aus, die insgesamt 19,34 Millionen Personen betragen. Die Bauwirtschaft kam auch zu ihren besten Zeiten vor gut zehn Jahren maximal auf einen Wert von 13,1 Prozent. Der Aufschwung, den der Tourismus erlebt, führt auch dazu, dass mittlerweile 75,5 Prozent aller Beschäftigten in Spanien im Dienstleistungssektor tätig sind.
Eine Erfolgsgeschichte, wäre da nicht der hohe Anteil an befristeten Arbeitsverhältnissen im Tourismus. Im zweiten Quartal verfügten 35,23 Prozent über einen zeitlich begrenzten Arbeitsvertrag. 64,77 Prozent der Frauen und Männer besaßen eine Festanstel- lung. Immerhin hat der Anteil der befristeten Jobs gegenüber dem Vergleichszeitraum 2017 leicht abgenommen, damals waren es 36,09 Prozent. Seit einem Jahr wächst die Zahl der Festanstellungen im Tourismus schneller als die der befristen Anstellungen.
Die Verteilung zwischen Festanstellung und befristetem Job weist auch auf die hohe saisonale Abhängigkeit der Beschäftigung im Tourismus hin. Im vergangenen Winter beispielsweise waren gleich mal um die 240.000 Personen weniger in Arbeit als im Sommer zuvor. Mit der starken Saisonabhängigkeit der Branche rechtfertigt denn auch die Tourismus-Lobby Exceltur regelmäßig den hohen Anteil an befristeten Jobs. Auch schwanke die Nachfrage in der Branche zeitweise weitaus stärker als der Grad der Beschäftigung.
Innerhalb des Tourismus-Sektors entfällt der größte Teil der Beschäftigung auf das Gastgewerbe, also Hotellerie und Gastronomie. Hier arbeiteten im zweiten Quartal 1,75 Millionen Personen. Der Rest war im Transport und bei Reiseveranstaltern beschäftigt.
Unter den Regionen stellte Katalonien die meisten Beschäftigten im Tourismus – nämlich knapp 458.000. Es folgten Andalusien mit rund 434.000 und Madrid mit etwa 400.000 Beschäftigten.
Auch wenn der Tourismus die Bauwirtschaft in Sachen Beschäftigung abgehängt hat, bei den Löhnen hinkt er noch weit hinterher. 2016 – aktuellere Daten liegen nicht vor – betrug das jährliche Durchschnittseinkommen laut Nationalem Statistikinstitut (INE) 14.125 Euro, in der Bauwirtschaft lag es bei 22.163 Euro.
Bei den Löhnen aber hinkt der Tourismus noch weit hinterher