Nun auch Sánchez
Nach Rücktritt der Gesundheitsministerin gerät auch Regierungschef unter schweren Beschuss
Am Dienstagabend trat die Gesundheitsministerin Carmen Montón wegen Plagiatsvorwürfen in ihrer Master-Arbeit zurück. Donnerstagfrüh machte die Zeitung „ABC“mit einer vernichtenden Analyse der Doktorarbeit von Regierungschef Pedro Sánchez auf: Die Dissertation sei ein einziges Plagiat. Das wird Konsequenzen haben.
Madrid – ck. Regierungschef Pedro Sánchez lobte am Wochenende in Oviedo die 100 Tage PSOE-Regierung. Es könnte seine letzte Lobesrede gewesen sein. Am Donnerstagmorgen titelte die Tageszeitung „ABC“: „Pedro Sánchez plagiierte seine Doktorarbeit“. Was peinlich klingt, könnte große Konsequenzen haben.
Der Regierungschef verteidigte sich auf Twitter um 7.26 Uhr: „Die Information... ist komplett FALSCH. Ich werde den Rechtsweg einschlagen, um meine Ehre und Würde zu verteidigen, wenn die Veröffentlichung nicht berichtigt wird.“Doch der Schaden ist angerichtet.
Die Doktorarbeit von Pedro Sánchez ist nicht im Internet einsehbar, sondern nur in der Madrider Privatuniversität Camilo José Cela. Wie „ABC“an die Kopie der Arbeit gekommen ist, wird nicht verraten. Dass politische Gegner der Volkspartei oder von Ciudadanos dahinterstecken, mutmaßen Journalisten. Ciudadanos-Chef Albert Rivera hat Sánchez am Mittwochabend schon im Parlament nach seiner Dissertation gefragt und dabei gegen die Hausordnung verstoßen, weil er die Frage kurzfristig ausgetauscht hat.
Dass nicht Sánchez selbst, sondern Mitarbeiter des Wirtschaftsministeriums oder gar Ghostwriter 2012 die über 300 Seiten anfertigten und viele Zitate nicht als solche kennzeichneten, wird angedeutet. Dass die Arbeit die höchste Auszeichnung erhielt, stellt den Ruf der Uni in ein schlechtes Licht. Vor allem aber hat Sánchez nun ein Problem.
Die Skandale um möglicherweise unrechtmäßig vergebene akademische Abschlüsse an Politiker reißen nicht ab. Dienstagabend Sánchez: „Die Information... ist komplett FALSCH. Ich werde den Rechtsweg einschlagen“ trat die Ministerin für Gesundheit, Konsum und Wohlstand, Carmen Montón, zurück. Sie zog schnell die Konsequenz aus Vorwürfen der Online-Zeitung „eldiario.es“vom Montag, große Teile ihrer Masterarbeit an der inzwischen berüchtigten Universität Rey Juan Carlos in Madrid abgekupfert zu haben.
Bislang standen eher PP-Politiker wegen Master-Affären unter Beschuss. Die Madrider Ministerpräsidentin Cristina Cifuentes musste zurücktreten, nachdem „eldiario.es“schwere Unregelmäßigkeiten aufgedeckt hatte. Der Parteivorsitzende Pablo Casado steht ebenfalls unter Verdacht. „Wer unschuldig ist, tritt nicht zurück“, baute Generalsekretär Teodoro García Egea vor. Casado will auch dann nicht zurücktreten, wenn er in der Sache vor Gericht müsste. Und machte damit Montóns Unschuldsbehauptung zunichte. Sie sei zu- rückgetreten, um der PSOE-Regierung nicht zu schaden. Die Sozialisten jedenfalls zeigen Casado, wie beim leistesten Verdacht vorzugehen sei.
Regierungschef Pedro Sánchez ernannte die 65-jährige Hochkommissarin für den Kampf gegen Kinderarmut, María Luisa Carcedo, zur neuen Ressortchefin. Mit Montón fand der zweite Ministerwechsel in nur drei Monaten statt. Der Valencianer Màxim Huerta war für Kultur wegen eines zurückliegenden Steuerdelikts nur sieben Tage im Amt. Wenn Pedro Sánchez über seine Diss stolpert, dürften die Tage dieser Regierung gezählt sein.