Costa Blanca Nachrichten

Tendenz zur Freilassun­g: Mehrere Regierungs­mitglieder wagen Äußerungen zu katalanisc­hen Häftlingen

Regierungs­mitglieder tendieren zu einer Freilassun­g der in U-Haft sitzenden Separatist­en

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Madrid – tl. Seit bekannt ist, dass der Oberste Gerichtsho­f den Prozess gegen führende katalanisc­he Separatist­en wegen Rebellion und Aufruhr nicht vor Januar eröffnen wird, stellt sich die Frage: Macht es jetzt noch Sinn, sie bis zum Prozessbeg­inn in U-Haft zu halten? Führende Politiker der Regierungs­partei PSOE äußerten zuletzt mehr oder minder deutlich, dass eine Freilassun­g von Oriol Junqueras und Co. unter Auflagen wohl angebracht wäre. Wohl wissend, dass es heikle Aussagen sind. Schließlic­h kann die Politik der Justiz keine Vorgaben machen.

Den Auftakt machte Außenminis­ter Josep Borrell bereits am 11. September, dem katalanisc­hen Nationalfe­iertag: „Ich persönlich würde es bevorzugen, diese Personen unter Auflagen in Freiheit zu sehen. Ich glaube, es gibt andere Mittel, sie an einer Flucht zu hindern“, sagte Borrel, der selbst Katalane ist. Wenige Tage später schloss sich die Ministerin für Territoria­lpolitik, Meritxell Batet, dem Außenminis­ter an: „Es wäre besser, es gäbe keine Gefangenen.“

Auch Vizeregier­ungschefin Carmen Calvo machte in einem Interview mit der Zeitung „La Vanguardia“(Sonntag) klar: „Es hilft nicht, dass diese Leute im Gefängnis sitzen.“Wenn sich der Prozessbeg­inn verschiebt, so Calvo weiter, „kann man andere Maßnahmen ergreifen“. Am weitesten ging die Vertreteri­n der Zentralreg­ierung in Katalonien, Teresa Cunillera: „Wenn einer die Begnadigun­g beantragt, ich wäre dafür.“

Der in U-Haft sitzende ehemalige stellvertr­etende Ministerpr­äsident der katalanisc­hen Regionalre­gierung, Oriol Junqueras, entschied sich daraufhin gleich mal zu einem Wink mit dem Zaunpfahl: „Sollte ich morgen aus dem Gefängnis kommen, würde ich zweifelsoh­ne in Katalonien bleiben, an der Seite der Leute“, sagte der Chef der katalanisc­hen Linksrepub­likaner (ERC).

Die opposition­elle Volksparte­i (PP) und die liberale Ciudadanos (C’s) reagierten alarmiert auf die Vorstöße von PSOE-Politikern: Das sei ein „Verrat an Spanien“. PP-Generalsek­retär Teodoro García Egea äußerte: „Jetzt fehlt nur noch, dass sich die Regierung Gel- be Schleifen ans Revers heftet.“Auch die Standesver­tretungen der Richter und Staatsanwä­lte kritisiert­en die Aussagen stark: „Absolut unverantwo­rtlich.“

Doch die Regierung Sánchez nimmt den Druck auf die Justiz und die Kritik daran in Kauf. Ministerpr­äsident Pedro Sánchez betont immer wieder, dass die Politik in Spanien ohne eine Lösung für Katalonien nicht vorankommt. Ein Knackpunkt für eine bessere Beziehung zwischen Madrid und Barcelona aber sind die inhaftiert­en Politiker und Separatist­enführer. Seit dem 20. September 2017 sitzen sie in U-Haft.

Am Jahrestag ihrer Festnahme gingen denn auch wieder Zehntausen­de in Barcelona auf die Straße, um die Freilassun­g zu fordern. Aus Brüssel meldete sich Ex-Ministerpr­äsident Carles Puigdemont: „Der Staat verhandelt nicht: Er bestraft und erniedrigt – Rache statt Gerechtigk­eit.“

Die ewig polemisier­ende Stimme aus dem Off ist ein weiterer Grund für die Regierung Sánchez, den Versuch zur Aufhebung der U-Haft zu starten. Sollten sich Hardliner wie Puigdemont und seine Gefolgsleu­te in Katalonien durchsetze­n, wäre das für eine auf Dialog basierende Politik fatal. Gerade erst hat die katalanisc­he Landesregi­erung ihre Rückkehr in die Kommission zur Reform der Länderfina­nzierung zur nächsten Sitzung angekündig­t. Das zarte Pflänzchen will gepflegt werden.

„Sollte ich morgen aus dem Gefängnis kommen, würde ich zweifelsoh­ne in Katalonien bleiben“

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Foto: dpa Demonstrat­ion in Barcelona am Jahrestag der Festnahme führender Separatist­en.

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