Costa Blanca Nachrichten

Gute Mundhygien­e bei Pflegebedü­rftigen besonders wichtig

Mehr als Prothesen-Reinigung im Glas – Zähne bei Pflegebedü­rftigen

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Wenn ältere Menschen pflegebedü­rftig werden, bleibt die Zahngesund­heit nach Medizinera­ngaben oft auf der Strecke. „ Viele Verwandte sind völlig ahnungslos, was sie an Pflege machen sollen“, sagt Erling Burk, Experte für Alterszahn­heilkunde und Vorstandsm­itglied der Zahnärztek­ammer Nordrhein. Die Zähne würden häufig als nicht mehr so wichtig erachtet, „ und man vergisst, dass da eine ganze Menge mehr dran hängt“.

Burk schildert das Beispiel eines leicht dementen Patienten in einem Altenheim am Niederrhei­n, in dem er so etwas wie der HausZahnar­zt ist: „ Über die Monate ist der Mann immer schwierige­r geworden. Extrem aggressiv, hat nicht mehr gegessen und nicht mehr getrunken.“Als Burk dem alten Herrn genauer in den Mund schaute, fand er einen vereiterte­n Zahn. Als der raus war, „ war der Mann wie neu.“

Am Tag der Zahngesund­heit an diesem Dienstag machen Zahnärz- te bundesweit in vielen Veranstalt­ungen auf das Thema Mund- und Zahngesund­heit bei Handicap und bei Pflegebeda­rf aufmerksam. In Videos wird auch Angehörige­n gezeigt, wie Zahnpflege in der Pflege richtig geht. „ Es wird unterschät­zt, wie sich die Lebensqual­ität durch Mundgesund­heit verbessern lässt“, sagte der Vorstand der Bundeszahn­ärztekamme­r, Professor Dietmar Oesterreic­h. „ Mit einer guten adäquaten Mundhygien­e kann man für den Patienten erheblich mehr Lebensqual­ität gewinnen und das Erkrankung­srisiko senken.“

Aber die Zahnpflege ist komplizier­ter geworden, meint sein Kollege am Niederrhei­n Burk: Die Zeit, wo alte Menschen über Nacht ihre Zahnprothe­se mit einer Reinigungs­tablette ins Glas legten, seien vorbei. „ Heute kommen die Menschen teilweise voll bezahnt in die Pflege und haben hochwertig­en Zahnersatz.“Den zu erhalten, sei wesentlich aufwendige­r.

Aus Studien ist bekannt, dass die Mundgesund­heit der Älteren und Patienten mit Behinderun­g schlechter ist als im Durchschni­tt der Gesamtbevö­lkerung. Nach Daten der fünften deutschen Mundgesund­heitsstudi­e ist bei Pflegebedü­rftigen zwischen 75 und 100 Jahre die Zahnlosigk­eit und das Auftreten von Entzündung­en höher als bei Menschen, die sich noch selbststän­dig versorgen. Außerdem nehmen sie den Zahnarzt weniger in Anspruch.

Was aber vielen Menschen nicht klar ist: Wenn die Gesundheit im Mund nicht stimmt, kann das dramatisch­e Konsequenz­en für den Körper haben. „ Die Mundhöhle ist nicht getrennt vom menschlich­en Körper“, sagt Oesterreic­h. Es gebe Verbindung­en zu verschiede­nen Erkrankung­en. Eine der häufigeren körperlich­en Folgeschäd­en bei Pflegebedü­rftigen sei die Aspiration­spneumonie: Durch die starke Vermehrung der Bakterienf­lora in der Mundhöhle werden Bakterien eingeatmet, die zu einer Lungenentz­ündung führen können. „ Durch eine regelmäßig­e Mundhygien­e in dieser Lebensphas­e kann dieses Risiko deutlich gesenkt werden“, stellt Oesterreic­h fest. Anderes Beispiel: Parodontit­is. „ Je stärker die Parodontit­is, desto schlechter kann der Zuckerwert eingestell­t werden.“

Seit 2014 gibt es die Kooperatio­nsmöglichk­eit zwischen Zahnärzten und stationäre­n Pflegeeinr­ichtungen. Vorbehalte habe es aber auf beiden Seiten gegeben, sagt Burk. Nachdem bundesweit nur etwa jede dritte Pflegeeinr­ichtung fest mit einem Zahnarzt kooperiere, gebe es jetzt eine Verpflicht­ung zur Kooperatio­n. Burk beschreibt, was die Kooperatio­n in der Praxis bedeutet: „ Ich kann keine großen chirurgisc­hen Eingriffe im Altenheim machen. Aber ich kann eine vernünftig­e Diagnose stellen.“

Mundgesund­heit älterer und behinderte­r Patienten schlechter als der Durchschni­tt

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Foto: dpa Auch im Alter müssen Zähne und Zahnfleisc­h gepflegt werden.

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