Richter weist Politik in Schranken
Marchena lässt Pakt zwischen PSOE und PP platzen und verzichtet auf Vorsitz des Obersten Justizrats
Madrid – ck. Zuerst galt es als erster gelungener Pakt zwischen konservativer Volkspartei (PP) und Sozialisten (PSOE): die Neubesetzung des Obersten Justizrats (CGPJ) mit Manuel Marchena an der Spitze. Dann wurde heftige Kritik laut an der offensichtlichen Einmischung der Politiker in die Justiz. Schließlich müssten eigentlich die Mitglieder des Justizrats den Präsidenten wählen. Eine Woche später flog das Einvernehmen der beiden rivalisierenden Parteien in die Luft.
Am Dienstag verkündete der Richter Manuel Marchena, er stünde als Präsident des Obersten Gerichtshofs (TS) und des Obersten Justizrats nicht zur Verfügung. Er bleibt Vorsitzender der Zweiten Strafkammer des TS und macht als solcher den katalanischen Separatisten den Prozess. Marchena insistiert, er wäre ein unabhängiger Richter und ließe sich nicht von der Politik beeinflussen.
Die Interpretationen dieser Absage sind vielfältig. Am Montag hatte der PP-Fraktionssprecher im Senat, Ignacio Cosidó, eine WhatsApp-Nachricht an seine 146 Kollegen geschickt und den Einfluss der PP auf den Obersten Gerichtshof gerühmt, weil Marchena ihr Mann sei. Eine Bombe, die auch spätere Rückzieher nicht entschärfen konnten. Die PP hat ein Interesse daran, dass der als konservativ geltende Marchena die katalanischen Erzfeinde verurteilt. Genau aus diesem Grund hatten die Sozialisten ihn mit der Beförderung wohl wegloben wollen. Wenn Marchena dem CGPJ und dem Obersten Gerichtshof vorsteht, war als Nach- folger für ihn als Vorsitzender der Strafkammer der gemäßigte Richter Andrés Martínez Arrieta vorgesehen. Die PP hätten mit neun konservativen gegenüber elf pro- gressistischen Mitgliedern Einfluss verloren. In diese Richtung interpretiert auch Podemos: Er sei zwei Wochen lang im Gespräch gewesen und hätte Zeit genug gehabt, zu verkünden, dass er nicht zur Verfügung stehe. Cosidó habe Marchena erinnert, was seine Aufgabe sei: der Prozess gegen die katalanischen Politiker.
Für Pedro Sánchez ist die Stabilität, die ein erneuerter Justizrat bedeutet hätte, nun vorbei und ein Tiefschlag für seine Regierung. Er lobte, die Konsequenz des Richters beweise nur, dass er eine gute Wahl gewesen ist. Natürlich nimmt die PP das Scheitern nicht auf ihre Kappe. Die Sozialisten seien schuld, weil sie den Namen viel zu früh verkündet und so die offensichtliche Absprache der Parteien und Einflussnahme über die Presse publik gemacht haben. Deshalb hat die PP den Pakt aufgekün- digt. Sánchez dagegen will, dass er bestehen bleibt und die beiden Parteien gemeinsam einen neuen Vorsitzenden bestimmen. Solange bleibt der bisherige Präsident Carlos Lesmes im Amt.
Die PP will, dass Marchena die katalanischen Erzfeinde verurteilt
Unabhängige Justiz Den Regierungschef scheint es nicht zu stören, dass dieser Pakt die Unabhängigkeit der Justiz in Frage stellt. Juristenverbände fordern dringend eine Reform, damit die Gewaltenteilung eines demokratischen Rechtsstaats wieder hergestellt werde. Seit einer Reform 1985 nehmen die Parteien Einfluss auf die Zusammensetzung des Justizrats.