Dead Men Walking
Jedes Jahr um den 20. November weht es ein wenig muffelig durch Spanien. Aus den Grabkammern der Geschichte entsteigt der Odem Francos. Seine Anhänger, meist alte Männer und ein paar spätpubertäre Schreihälse, begehen dann dessen Todestag, in diesem Jahr war es der 43.
So weit, so gruselig und gar nicht ungewöhnlich. Auch in Deutschland, Österreich, Italien, Ungarn gibt es diese Wirrköpfe oder Kriminellen, die aus der Geschichte nicht lernen wollen oder nicht können und ihr tragisches Scheitern mit einer Flagge kaschieren. Man sollte sich eher vor den Strippenziehern im Hintergrund fürchten – und der schweigenden Menge.
Was in Spanien anders ist: Der Totenkult um den Schlächter, Putschisten und faschistischen Diktator ist salonfähig, die Familie des „Führers“gut betuchter Teil des öffentlichen Lebens. In zwei der führenden Tageszeitungen, „ABC“und „El Mundo“, erschienen wieder Todesanzeigen für Franco, bezahlt von der auch öffentlich finanzierten Franco-Stiftung. Die Partei der Falangisten ist zugelassen, ebenso das Präsentieren faschistischer Symbole.
Dem „Caudillo“werden Messen in Kirchen gesungen und auf der Straße stimmt man das Führerlied „Cara al Sol“an, tritt ein paar Demonstrantinnen und droht der Journaille. Dieses Jahr tröpfelte der Regen auf die in den Himmel gereckten Gesichter und Hände – nichts mit Sonne. Petrus ist offenbar Antifaschist, sieht man ja an seinen langen Haaren. Luis Alfonso de Borbón, Lebemann und Urenkel Francos als auch von König Alfons XIII., Herzog von Anjou und in der Logik der Verwirrten legitimer französischer Thronfolger, twitterte, dass nur „Verräter am Vaterland“, „Deine Feinde“, etwas gegen ihn hätten, Franco ansonsten aber „so präsent sei wie lange nicht“. Seine amtierende Verwandtschaft schweigt. Vor 40 Jahren machte man den Deckel drauf, jetzt will die Landeshälfte, die im 21. Jahrhundert lebt, ihn wieder öffnen, das Tal der Gefallenen den Opfern widmen, nicht ihren Mördern. Ist Spanien reif für den nächsten Schritt raus aus den Fängen der Vergangenheit? Die zwei größten bürgerlichen Oppositionsparteien, PP und Ciudadanos, enthielten sich am Dienstag bei der Verurteilung der Verbrechen der FrancoDiktatur im Senat ihrer Stimmen...