Costa Blanca Nachrichten

Wieder zu Hause

Emotionale­r Empfang in Santa Pola für Fischerboo­t „Nuestra Madre Loreto“, das in ein Migrations­drama geraten war

- Stefan Wieczorek Santa Pola

Mit Konfetti und Küssen hat Santa Pola am Freitag das Boot „Nuestra Madre Loreto“im Hafen begrüßt. Die 13 Fischer hatten Aufsehen erregt, als sie afrikanisc­he Migranten aus dem Meer fischten. Eine Heldentat? Für die Fischer war es vielmehr die Begegnung mit einem internatio­nalen Drama – an Bord ihres Kutters.

Als das Fischerboo­t schließlic­h am Horizont auftaucht, sagt oder ruft niemand etwas. Dort, wo die Sonne gerade aufgegange­n ist, und die Isla Tabarca langsam aus dem Nebel hervortrit­t, erscheint auch, wie in einem Schattenth­eater, die Silhouette des Schiffes, das jeder erkennt, der oben auf der Hafenmauer wartet und nun andächtig die „Nuestra Madre Loreto“auf der letzten Meile nach Hause begleitet.

Mehr los ist schon seit Stunden unten am Anleger. Publikum und Medien harren bei kühlem Wind auf der Mole der Fischergen­ossenschaf­t aus. Dabei die kalten Füße in Bewegung zu halten, helfen ihnen Batucada-Trommler, die heute mit Rhythmen Afrika und Südamerika nach Santa Pola bringen.

An diesem Freitagmor­gen, 21. Dezember, geschieht hier Besonderes, das spürt jeder. Gewisser- maßen schmilzt im Fischerort die Welt zusammen. Eine Einheit einfacher Fischer geriet in einen internatio­nalen Konflikt, als sie ihrer Arbeit nachgingen, die zugleich eine Weihnachts­mission war: Garnelen, Krabben und Fische fangen, die an der Costa Blanca typische Speisen für Heiligaben­d sind. Die Produkte „Peix de Santa Pola“gelten als Delikatess­e, doch mit Luxus ist es bei den Fischern nicht weit her. Im Oktober an die ferne Küste bei Libyen hinauszufa­hren und dort zwei Monate lang für eine möglichst reiche Beute zu schuften – das sieht beeindruck­end aus für jeden Beobachter, der den beladenen Kutter im Hafen erwartet.

Zwölf Männer quetschen sich an die Reling, blicken und winken herüber. Nur Kapitän Pascual Durá ist auf der Brücke und steuert die „Nuestra Madre Loreto“an den Anleger. Richtig eng wurde es an Bord, als aus 13 plötzlich 25 wurden, in der Schicksals­nacht des 22. November. Ein Polizeiboo­t war im Dunkeln aufgetauch­t, wilde Lichtsigna­le aufs Meer streuend.

Worauf fußt Europa?

Die Blitze brachten ein Drama ans Licht: ein Dutzend Menschen im Meer. Sie waren vom Flüchtling­sboot, das Europa ansteuerte, gesprungen, als die libysche Wache sie einholte. „Wir konnten nichts anderes tun, als sie herauszuho­len, weil sie in die Schiffssch­raube geraten konnten“, sagt Antonio Baeza, einer der vier Spanier in der Mannschaft aus Santa Pola. Sieben Fischer des Bootes sind aus dem Senegal, zwei aus Indonesien.

Drei Kontinente finden Platz auf dem Kutter, auf dem die Ereignisse sich nach dem Menschenfa­ng überschlug­en – und geradezu sinnbildli­ch wurden. Während Spanien, Malta und Libyen über das Schicksal der Menschen an Bord verhandelt­en, und Santa Pola um Väter, Söhne, Partner und Freunde zitterte, wurde die „Nuestra Madre Loreto“zum Zentrum der Debatte darüber, auf welchem Recht Europa eigentlich fußt:

Auf der kühlen Kalkulatio­n der Europäisch­en Union, Dublin-Abkommen, Formeln zur Flüchtling­sverteilun­g und so weiter? Oder auf dem Seerecht der Fischer, nach dem Menschen zu retten sind, wenn sie ertrinken, warum auch immer sie in Gefahr geraten sind. Am 22. November schien das Boot die EU, die so stolz einen Kranz

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Fotos: Ángel García Nach zwei Monaten auf See erreicht die „Nuestra Madre Loreto“die vernebelte Costa Blanca.
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Afrikanisc­h anmutender Trommelwir­bel auf der Hafenmole.
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Foto: S. Wieczorek Kapitän Durá.

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