Costa Blanca Nachrichten

Cambridge dank Mama

Am internatio­nalen Tag der Mutterspra­che 2019 pendelt Englisch in Spanien zwischen Boom, Wahn und Brexit

- Stefan Wieczorek Alicante „Natives“aus Osteuropa

Was einen milk coffee“vom herben café con leche“unterschei­det, weiß Kimberley Hood längst. Für die 36-jährige Engländeri­n aus Alicante ist Spanien zur Heimat geworden. Das zeigt nicht zuletzt ihr Akzent, wenn sie Spanisch spricht, in dem das Britische maximal ein Aroma ist. Nicht üblich ist das bei Briten an der Costa Blanca, die oft allein an der Aussprache im Spanischen verzweifel­n. But who cares?

Denn in der Regel kommen sie in ihrer Mutterspra­che weit genug. Englisch scheint Europa vollends erobert zu haben, ob als EU-Sprache oder an Schulen. Doch Anderes sagt der Brexit: Am 29. März schrumpfen die englischen Mutterspra­chler in der EU gehörig auf nur noch ein Prozent. Spielt das wohl eine Rolle in Spanien?

Gerade hier ließ die Krise die universell­e Sprache der Briten als Rettungswe­ste gegen den sozialen Abstieg erscheinen. Der Englischbo­om nahm so durchaus Züge eines Wahns an. 2013 war für das spanische Verhältnis zu Englisch ein besonderes Jahr, auch wegen des berühmten café con leche“.

Gerade das junge Spanien hatte in der Zeit des Abstiegs realisiert, dass es ohne Orientieru­ng ins Ausland nicht gehen würde. In die Suche nach dem letzten Rest Würde platzte Ana Botella, Bürgermeis­terin von Madrid, als sie sich mit ihrer Stadt in Argentinie­n für Olympia 2020 bewarb.

Ganz Spanien verbarg vor dem Fernseher das Gesicht in der Hand

Facepalm“, wie man heute sagt. Hochpeinli­ch war dem Land die auf English dargeboten­e Rede. Botellas Auftritt war nicht nur erfolglos, sondern rührte gehörig spanische Fremdsprac­henkomplex­e auf.

Zum einen verkörpert­e Botella, Jahrgang 1953, Generation­en von Spaniern, die Englisch nie wirklich gelernt hatten. Die Rede war beileibe nicht schlecht, denn von ihrem Sprachtrai­ner verfasst, und auch verständli­ch und grammatisc­h korrekt. Rhetorisch richtig war es auch, Café con leche on the Plaza Mayor“zu sagen statt Milk coffee on the Main Square“. Doch die Theatralik der Madrider Bürgermeis­terin zeigte: Es war ein auswendig gelernter Text, in einer Sprache, in der sich Botella unwohl fühlte.

Die riesige Häme der Spanier zeigte aber auch, wie wenig viele inhaltlich vom Text im klaren Englisch verstanden hatten. Irgendwie ging da ein Ruck durchs TV-Publikum. So wie eine Botella

oder ein Rajoy („It’s very difficult todo esto“) dastehen wollte niemand mehr. Auf die neue englische Welle setzte auch Kimberley Hood, die 2013 die Sprachschu­le Language10“in Alicante eröffnete. Solche privaten Academias de idiomas“gab es in der Stadt schon zuhauf. Vor allem für Englisch, ab 2011 aber, als Angela Merkel spanische Fachkräfte einlud, vermehrt auch für Deutsch.

Doch Hood setzte voll auf Englisch und hatte als Mutterspra­chlerin den Bonus native speaker“. Der zog beim Publikum ja besonders. Das zeigten allein die Werbeplaka­te der vielen Academias in der City.

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Fotos: Ángel García (3), Stefan Wieczorek (1) Kimberley Hood wollte eigentlich nicht Lehrerin werden – und ist heute „happy“eine zu sein.
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„Willst du das Beste für deine Kinder?“fragt dieser Englisch-Club.

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