Auf historischen Spuren
Sierra Mariola: Einmal rund um das Castillo de Vinalopó
Erhaben und schon von weitem sichtbar blicken die Reste einer Maurenburg auf ein grünes Tal. Es ist das Castillo de Vinalopó, das schon seit bald 1.000 Jahren das Tal des Flusses Vinalopó bewacht. Und dabei das unermüdliche Fließen des Flüsschens bewundert, der hier zu seinen Füßen entspringt und in früheren Jahrhunderten zwei Mühlen mit dem kostbaren Nass versorgte. Die Mühlen stehen heute noch, dämmern still und lei- se im Dornröschenschlaf vor sich hin und verfallen langsam. Aber das Wasser fließt noch spritzig wie eh und je und zeigt keinerlei Ermüdungserscheinungen. Und gilt immer noch als willkommene Attraktion auf der nachfolgend beschriebenen Wanderroute.
Besichtigen Sie zuerst das Informationszentrum bei Banyeres de Mariola, das Prospekte und Wandervorschläge für Sie bereit hält, bevor Sie mit der Route beginnen, die am Ausgang des Infozentrums dem Forstweg nach links folgt. Gemächlich schlendert man nun auf dem breiten Weg dahin, lässt die Blicke über die Hochebene und die Häuser schweifen. Es ist mit 800 Metern der höchstgelegene Ort der Provinz Alicante und wird von einer majestätischen Burg gekrönt.
Etwa 30 Minuten werden Sie unterwegs sein, wenn vor Ihnen unerwartet eine kleine verlassene Ansiedlung auftaucht, die irgendwie rätselhaft erscheint. Schon wenige Meter danach treffen Sie auf die erste Mühle, die Molí de Cam-
pana. Ein riesiges Gebäude, das leider von Jahr zu Jahr mehr verfällt.
Vor dieser Mühle nehmen Sie den Pfad links bergab, überqueren den Fluss und kommen so, wieder aufsteigend und durch die Felder wandernd, zur Molineta und einem leeren Wasserreservoir. Von hier rechts abwärts gehend erreichen Sie nach etwa einer Stunde Gesamtgehzeit die zweite Mühle, Molí de Baix. Das Wasser rauscht, Pappeln wiegen sich im Wind und Vögel zwitschern in den hellsten Tönen, zweifellos ein sehr idyllisches Plätzchen zum Rasten. Irgendwie bedauert man, dass diese Mühlen dem Verfall preisgegeben sind und fragt sich, ob sie nicht das Recht hätten, als schützenswertes Kulturgut betrachtet zu werden. Versetzt man sich ein wenig in vergangene Tage zurück, kann man sich gut das hier herrschende lebhafte und geschäftige Treiben vorstellen. Denn diese beiden bis 1943 in Betrieb befindlichen Mühlen dienten zuerst der Textilherstellung, ab dem 17. Jahrhundert wurden sie als Mehlmühlen und ab 1781 als Papiermühlen betrieben.
Nun folgen Sie dem Flusslauf linksseitig weiter und gelangen bald darauf auf die andere Flussseite. Hier freut man sich über den schönen Wiesenweg, wo sich bei dem herrlichen Ambiente die Zeit genussvoll vertrödeln lässt.
Als absolute Augenweide präsentiert sich bald die Wasserhöhle Font de la Coveta, aus der unermüdlich kristallklares Wasser strömt. Diese zwei Meter tiefe Höhle hielt man lange Zeit für den Ursprung des Vinalopó, bis man erkannte, dass sie nur einer der vielen Flusszuläufe ist. Die eigentliche, eher unscheinbare Quelle befindet sich sechs Kilometer weiter oben in den Bergen, in der Gegend Pla de Bodí. Trotzdem wird die Font de la Coveta als Quelle des Vinalopó bezeichnet. Dieses Flüsschen hat von hier aus noch einen langen Weg und einige schwere Aufgaben vor sich, muss es doch auch heute noch die trockenen Tä- ler zwischen Sax, Novelda und Elche bewässern, bevor es nach fast 90 Kilometern in die Salinen von Santa Pola münden darf. Interessant zu erwähnen wäre vielleicht noch, dass schon zur Römerzeit die allseits bekannte Via Augusta“permanent dem Lauf dieses legendären Flusses folgte.
Nach weiteren zehn Minuten erreicht man die Finca Torretes und den Aufstiegspfad zum Castillo Vinalopó. Diesen Abstecher zur Burgruine sollten Sie sich gönnen, der Aufstieg ist zwar steil, aber mit 70 Höhenmetern dafür recht kurz. Und oben auf den warmen Steinen sitzend, lässt man seine Blicke über das Naturschutzgebiet schweifen und taucht ein wenig in die Vergangenheit ein. Denn Burgen haben immer etwas Verwegenes, etwas Unerklärliches und et- was Geheimnisvolles. Der Gedanke, was sich hinter den dicken Schlossmauern abgespielt haben mag, regt unsere Fantasie gewaltig an. Es sind Bauwerke, deren Geschichte bis in die Zeiten des Ritters El Cid zurückreicht und die uns noch heute von den Grenzkämpfen zwischen Mauren und Christen erzählen. Wobei man die am besten erhaltenen Festungen des Mittelalters auf der Route der Castillos entlang des Flusses Vinalopó findet. Die Burg von Banyeres de Mariola ist eine davon.
Wieder abgestiegen, setzen Sie die Route auf dem weiterführenden Pfad fort. Sie sind nun in der Rambla del Vinalopó, wo Espartogras, mediterrane Kräuter und üppige Heckenrosen die Landschaft prägen. Wussten Sie, dass es hier in der Sierra Mariola fast 1.200 unterschiedliche Kräuter und Heilpflanzen gibt? Kaum vorstellbar, aber absolut belegt.
In leichtem Auf und Ab erreicht man nach etwa 45 Minuten einen Forstweg. Hier biegt man am Wasserhaus rechts ab, um dann nach weiteren 50 Metern dem Seitenweg nach rechts zu folgen. Er führt über eine Kuppe, wo das Landschaftsbild sich ändert. Die große Finca Guilella kommt in Sicht und gibt mit ihren gepflegten Weinfeldern, dem Teich und der Pferdekoppel ein wunderschönes Bild ab. Nach etwa 20 Minuten trifft man auf den Forstweg, der in weiteren 30 Minuten wieder zurück zur Molí del Baix führt. Jetzt bleiben Sie auf dem Hauptweg, von dem man nach wenigen Metern einen Abstecher zum Fluss und einem kleinen Wasserfall unternehmen kann.
Die letzte halbe Stunde auf dem Ihnen nun schon bekannten Forst- weg ist dann nur noch ein gemütliches Dahinbummeln, bis man müde, aber voll mit neuen Eindrücken seinen Ausgangspunkt erreicht. Jetzt könnte man diesen informativen Wandertag noch mit einem Besuch des mittelalterlichen Castillos von Banyeres de Mariola ausklingen lassen, von dessen Gemäuern man einen herrlichen Blick auf den Naturpark Mariola genießt.
Schon die „Via Augusta“folgte zur Römerzeit dem Flusslauf des Vinalopó