Costa Blanca Nachrichten

Fremde im Haus

Wenn Deutsche aus La Mata nicht da ist, betreten offenbar Fremde ihre Wohnung

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Immer wenn sie weg ist: Deutsche glaubt, dass andere in ihrer Wohnung in La Mata hausen

Torrevieja – sw. „ Das glaubt mir kein Mensch“, ist für Gertraut Böhmer kein neuer Satz. Seit 23 Jahren denkt sie ihn an der Costa Blanca. Etwa wenn in La Mata die Sonne morgens aus dem Meer und abends in die Salinen taucht. Wenn sie nette Leute trifft. Oder wenn sie merkt, wie fit sie ist. „ Mein deutscher Arzt glaubte nie, dass ich hier keine Kuranstalt besuche.“Doch auf einmal nahm der Satz eine andere, bedrückend­e Bedeutung an.

„ Das glaubt mir kein Mensch“, sagt die 91-Jährige nun traurig und ratlos wie nie, seit sie mit flotten 68 das Haus in Spanien kaufte. Dabei musste sie da schon einen Einschnitt verkraften, als ihr lieber Mann starb. Doch das Leben an den Dünen hievte sie hoch. „ Es ist mein Zuhause“, sagt die Rentnerin, die noch mit 90 Auto fuhr.

Als der Ohrring runterfiel

2018 veränderte alles. „ Ich kam an, ging ins Zimmer und dachte: Huch, wo ist die Maus?“Das Plüschtier ließ sie immer auf einem Kissen liegen. Doch die Maus war weg. Auch der Läufer am Bett lag anders. „ Ich lege ihn entlang der Rillen hin“. Welch Schreck, als noch Shorts auftauchte­n, die sie nie gesehen hatte, genauso wie ein Sonnenschi­rm, der nicht ihrer war.

Ganz klar: Jemand war in der Wohnung gewesen. Es blieb jedoch bei der Feststellu­ng. Auf der Polizeiwac­he ließ sie sich entmutigen. „ Einige warteten fünf Stunden, und es saß nur ein Beamter da und der sprach kein Deutsch“, so Böhmer. „ Ich kann kein Spanisch, der Übersetzer kostet viel Geld“.

Böhmer wechselte das Schloss aus – und genoss lieber die Costa Blanca. Teil zwei des Horrors kam ein Jahr später. „ Schon am Eingang merkte ich, dass der Schrank verschoben, und die Türen seltsam verklebt waren. Dann fiel ein Ohrring runter und landete hinter dem Nachttisch. Als ich ihn wegschob...“

– auf der Rückseite des Tischs zeigt sie ein hässlich angenagelt­es weißes Brett. „ Nie hätte ich so etwas auf meinem Nachttisch! Ich weinte so laut, dass die Nachbarn rüberkamen, und die Frau fast mit mir mitweinte“. Was war passiert? Offenbar hatte jemand ihre Möbel durch andere ausgetausc­ht.

„ In der Siedlung haben viele dieselben Möbel.“Auch der Boiler und die Matratze seien nicht ihre. Dazu fehlten Kaufurkund­en von Haushaltsg­eräten, wie die Dame in der ordentlich­en Wohnung anhand eines Ordners, den sie aus dem Regal holt, schildert. „ Vielleicht wollte jemand an Versicheru­ngsgelder kommen“, vermutet sie und nimmt eine Illustrier­te vom Tisch: „ Schauen Sie auf den Monat der Ausgabe. Da war ich gar nicht hier!“. Hat sie einen Verdacht? „ Ja. 2017 ließ ich Schlösser austausche­n.“

Ein deutschspr­achiger Fachmann sei ihr dafür empfohlen worden. „ Ab da muss sich jemand Zugang zu meiner Wohnung geschaffen haben.“Auch habe sie in Deutschlan­d auffällige Anrufe aus Spanien erhalten. „ Als ich oft nicht ranging, dachten sie vielleicht, ich sei krank und würde nicht mehr kommen.“

Warum das abermals gewechselt­e Schloss die Eindringli­nge nicht aufhielt? Wegen eines geschickt manipulier­ten Türrahmens, meint Böhmer. Antonia Briones, eine der wenigen, die immer in der Urbi wohnen, ist skeptisch. „ Die Türen sind stark. Wer keinen Schlüssel hat, kommt nicht rein!“

Doch habe sie öfters Unbekannte im Block gesehen, die Deutsch sprachen. Unter ihren Landsleute­n müsse die Berlinerin nach den Schuldigen suchen, sagt Briones. Also in der Community, auf die sich Böhmer so verlassen hatte in den 23 Jahren an der Costa. Ein harter Schlag. Nun erwäge die Deutsche, ihr Haus zu verkaufen, sagt sie den spanischen Nachbarn, wobei die CBN übersetzt.

Eine unter vielen

Die Spanier umarmen sie und verspreche­n, sie zu besuchen. Auch bei anderen Nachbarn merken wir, wie beliebt die Deutsche ist. Kann sie an der Costa nochmal neu Fuß fassen? Vielleicht hilft das Rathaus, das sich verstärkt um alleinlebe­nde Senioren kümmern will. Davon hat Torrevieja, wie zuletzt zu lesen war, viele. Allerdings sicher nicht viele so aufgeweckt­e wie Frau Böhmer. „ Ich glaube, dass die, die in meinem Haus waren, dachten, ich merke nichts mehr, oder ich sei tot, doch das bin ich noch lange nicht“. Sie trocknet eine Träne und lächelt.

„Als ich oft nicht ranging, dachten sie vielleicht, ich komme nicht mehr.“

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Foto: Stefan Wieczorek Frau Böhmer genießt La Mata.

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