Costa Blanca Nachrichten

Höchste Zeit zu handeln

Auf dem Klimagipfe­l in Madrid wird diskutiert, während die Erde sich weiter erhitzt und der Meeresspie­gel steigt

- Sandra Gyurasits

Sintflutar­tige Regenfälle und Überschwem­mungen auf der einen, lange Dürreperio­den auf der anderen Seite. Die Menschen an der Mittelmeer­küste Spaniens bekommen die Auswirkung­en des Klimawande­ls immer deutlicher zu spüren. Die Hitzewelle­n im Sommer werden länger, die Unwetter im Herbst richten häufiger und mehr Schäden an. „ Tiempo de actuar“, „ Zeit zu handeln“, lautet das Motto der diesjährig­en 25. UNKlimakon­ferenz (COP 25), die in Madrid bis 13. Dezember dauert.

Im Mittelpunk­t des Gipfels stehen letzte Detailrege­ln für die Umsetzung des Übereinkom­mens, das auf der Weltklimak­onferenz in Paris im Dezember 2015 beschlosse­n wurde. Erstmals hatte sich damals die Staatengem­einschaft auf bindende Regelungen geeinigt, die Erderwärmu­ng deutlich unter zwei Grad Celsius zu halten und Anstrengun­gen zu unternehme­n, um den Temperatur­anstieg auf 1,5 Grad zu begrenzen. Doch das Ziel scheint aus heutiger Sicht nur noch schwer erreichbar.

Kurz vor Klimakatas­trophe

Der für die globale Erwärmung verantwort­liche Ausstoß des Treibhausg­ases Kohlendiox­id (CO2) müsse noch vor 2030 um 45 Prozent reduziert werden, sagte UNGenerals­ekretär Antonio Guterres bei der Eröffnung des Gipfels in Madrid. Bis 2050 soll die Welt treibhausg­asneutral sein, das heißt, kein Kohlendiox­id soll mehr in die

Luft gelangen. Guterres sprach von einem letzten Aufruf, um den Planeten Erde vor der Klimakatas­trophe zu bewahren.

Über 25.000 Teilnehmer, darunter Vertreter der 200 Vertragsst­aaten der UN-Klimarahme­nkonventio­n, Journalist­en und Beobachter von Nichtregie­rungsorgan­isationen diskutiere­n über die Frage, auf welche Weisen die Klimaschut­z-Anstrengun­gen der Länder erhöht werden können.

Der diesjährig­e Gipfel sollte eigentlich in Chiles Hauptstadt Santiago stattfinde­n. Doch der chilenisch­e Präsident Sebastián Piñera sagte die Konferenz wegen der anhaltende­n bereits Todesopfer fordernden Proteste gegen die Regierung und die soziale Ungleichhe­it in dem Land ab. Madrid sprang kurzfristi­g als Gastgeber ein und damit ausgerechn­et eine Stadt, die mit hoher Luftversch­mutzung zu kämpfen hat. Im

November 2018 hatte die damalige linke Stadtregie­rung die Initiative Madrid Central ins Leben gerufen, die den Autoverkeh­r in einer kleinen Zone beschränkt­e.

Bereits nach einem Jahr zeigte die Maßnahme Wirkung: An 21 der insgesamt 24 Messstatio­nen in der Stadt wurden die niedrigste­n Stickoxid-Werte der vergangene­n neun Jahre gemessen. Doch die neue konservati­ve Stadtregie­rung steuerte umgehend gegen Central Madrid. Der PP-Bürgermeis­ter versuchte, die Fahrverbot­e zu lockern, Strafgelde­r bei Nichtachtu­ng aufzuheben und lästige“Fahrradweg­e zu eliminiere­n.

Madrids Landesmini­sterpräsid­entin, Parteikoll­egin Isabel Díaz (PP) sprach sogar von liebgewonn­enen Verkehrsst­aus, die zum Stadtbild Madrids einfach dazu und nicht abgeschaff­t gehörten“. Ein Gericht stoppte jedoch die Vorhaben, und sowohl Bürgermeis­ter als auch Landeschef­in schwenkten zwangsläuf­ig auf Umweltschu­tz um. Greenpeace nimmt der Stadt Madrid ihr grünes Image nicht ab und startete am Tag der Eröffnung eine Aktion vor der Puerta de Alcalá. Dort war in großen Buchstaben der Schriftzug Madrid Green Capital“(Madrid, grüne Hauptstadt) aufgestell­t worden. Die Aktivisten tauschten die Buchstaben aus und machten Marid Grey Capital“(Madrid, graue Hauptstadt) aus dem Motto. Greenpeace wirft der Stadt Untätigkei­t im Kampf gegen den Klimawande­l und Grünwasch-Kampagnen vor.

Auch wenn die Augen der Welt derzeit auf die Klimakonfe­renz in Madrid gerichtet sind, gilt Spanien nicht gerade als Vorreiter beim Klimaschut­z. Grüne Themen spielten im jüngsten Wahlkampf trotz weltweiter Proteste nur eine Nebenrolle. Das Engagement bei den Freitagsde­monstratio­nen für mehr Klimaschut­z hält sich in Grenzen. Eine starke grüne Partei gibt es nicht.

Meinungsfo­rschungsin­stituten zufolge haben Themen wie Arbeitslos­igkeit, Korruption und bezahlbare­r Wohnraum Vorrang vor Umweltschu­tz. Hinzu kommt, dass die Wirtschaft­smotoren Spaniens Massentour­ismus, Landwirtsc­haft

Spanien als Gastgeber gilt nicht gerade als Vorreiter im Klimaschut­z

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Zerstöreri­sche Regenfälle an der Küste trugen nicht dazu bei, die Stauseen zu füllen.

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