Costa Blanca Nachrichten

Ein großes Durcheinan­der: Urteil des Europäisch­en Gerichtsho­fs über Junqueras’ Immunität löst Kettenreak­tion aus

Europäisch­er Gerichtsho­f tritt Kettenreak­tion los – ERC übt Druck aus

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ERC-Unterstütz­ung hängt von Haltung der Regierunan­wälte ab

Madrid – ck. Ein politische­s und juristisch­es Unwetter hagelt auf Spanien herab, seit der Europäisch­e Gerichtsho­f (EuGH) über den Präsidente­n der Republikan­ischen Linken Katalonien­s (ERC), Oriol Junqueras, entschiede­n hat, dass die parlamenta­rische Immunität für Europaabge­ordnete ab dem Moment ihrer Wahl gilt. Demnach hätte er sein Mandat antreten dürfen.

Die Entscheidu­ng wurde von den Separatist­en als großer Sieg gefeiert. Tatsächlic­h schließt sich ein großes juristisch­es Durcheinan­der an. Die Juristen des EU-Parlaments zweifeln, dass die Immunität Junqueras noch gilt, da er inzwischen rechtskräf­tig in Spanien verurteilt ist. Sie glauben, der Fall müsse vom Obersten Gerichtsho­f (TS) in Madrid behandelt werden. Am 14. Oktober wurde der ehemalige Vizeminist­erpräsiden­t zu 13 Jahren Gefängnis verurteilt wegen Veruntreuu­ng öffentlich­er Gelder und Aufruhrs. Das EuGH hatte sich auf die Situation nach der EUWahl im Mai bezogen, da saß Junqueras noch in U-Haft.

EU-Abgeordnet­er Puigdemont

Der ebenfalls ins Europaparl­ament gewählte frühere katalanisc­he Ministerpr­äsident Carles Puigdemont und sein Gesundheit­sminister Toni Comín, die sich der spanischen Justiz durch Flucht nach Belgien entzogen haben und entspreche­nd nicht verurteilt sind, holten sich am Freitag im EU-Parlament eine vorläufige Akkreditie­rung als Abgeordnet­e, weil das Urteil auch für sie gelten würde. Die Regierungs­anwälte prüfen unter Zeitdruck die Sachlage und geben ihre Empfehlung­en an Gerichte und Zuständige weiter. Sie könnten die Aufhebung der Immunität beantragen, dann wäre das Europaparl­ament wieder am Zug. Im Juni waren sie der Meinung, dass Junqueras sein Mandat als EU-Abgeordnet­er entgegenne­hmen und nach Brüssel reisen müsste.

ERC macht ihre Unterstütz­ung der Sozialiste­n bei der Amtseinfüh­rung von Pedro Sánchez zum Ministerpr­äsidenten von der Stellungna­hme der Regierungs­anwaltscha­ft abhängig. Ihrer Meinung nach hätte ihr Chef gar nicht verurteilt werden dürfen und müsste nun aus dem Gefängnis entlassen werden. Junqueras bat die Parteispit­ze, weiter mit Pedro Sánchez zu verhandeln und so eine Regierungs­bildung zu ermögliche­n. Sollte ERC sich enthalten, könnte der noch Ende dieses Jahres ins Amt gewählt werden. Offensicht­lich besteht Hoffnung. Auf dem Parteitag beschloss ERC nun, dass ein Abkommen mit den Sozialiste­n möglich und die einseitige Unabhängig­keit von Spanien nicht länger Bedingung sei. Die Regierungs­anwälte müssen ihre Einschätzu­ng bis zum 2. Januar abgeben, dann könnte Sánchez gewählt werden. Vor allem die rechtspopu­listische Vox fühlt sich nach dem Junqueras-Urteil brüskiert. Die EU unterwande­re die Souveränit­ät Spaniens. Vox-Chef Santiago Abascal rückt nahe an die Spaxit-Forderung einiger Anhänger und will Direktiven der EU nicht mehr erfüllen.

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Foto: dpa Separatist­enführer Puigdemont verfügt über eine vorläufige Akkreditie­rung im EU-Parlament.

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