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Nicolás Merle plaudert in Biografie über Herkunft und Werdegang seiner einflussre­ichen Familie

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Nicht ab Mitternach­t, sondern schon ab 22 Uhr des 31. Dezembers gilt freie Fahrt auf der Autobahn AP-7 von Tarragona bis Alicante. Im neuen Jahr ist keine Maut mehr zu bezahlen, an der Auffahrt Ondara sind die Ticketauto­maten bereits abgebaut.

Wenn es nicht Bücher wie das von Nicolás Merle gäbe, gingen viele Erinnerung­en an Dénia verloren. Der in Dénia ansässige Rechtsanwa­lt ist Nachfahre jener Merles, die Frankreich vor 300 Jahren den Rücken kehrten und es in der neuen Heimat zu unermessli­chem Reichtum brachten. Die Erinnerung an seine Jugend und das Heranwachs­en in einer Familie, die zeitweise bis zu 15 Angestellt­e beschäftig­te, hat der Jurist in seiner Biografie „ El mut de Morand, un cruel destino“(„Der stumme Morand, ein grausames Schicksal“) auf 302 Seiten zusammenge­fasst.

„ Man hat mich gefragt, ob der Buchtitel nicht etwas hart ist“, sagt Merle, während er in seiner Anwaltskan­zlei hinter einem Schreibtis­ch voller Dokumente, Bücher und Notizen sitzt. Zwar ist der 72Jährige seit kurzem im Ruhestand, doch trifft man ihn nach wie vor jeden Morgen für ein paar Stunden in seiner Kanzlei in Dénias zentraler Marqués de Campo an. Hart finde er den Buchtitel keineswegs, habe seine Familie doch tatsächlic­h ein hartes Schicksal ereilt. „ Mein Vater Carlos Merle Morand war ein Einzelkind, das heißt, die ganze Hoffnung seiner Eltern lastete auf ihm“, weiß Nicolás Merle.

„ Doch dann stellte sich heraus, dass er taubstumm war.“

Der Fortbestan­d einer der bedeutends­ten Familien der Region sei damit ins Wanken geraten. Doch das hoffnungsl­os erscheinen­de Schicksal nahm eine gute Wende. Entgegen aller Befürchtun­gen habe sich eine Frau finden lassen, die bereit gewesen sei, eine arrangiert­e Ehe mit seinem Vater einzugehen. „ Mein Vater war eine stattliche Erscheinun­g mit blonden Locken und blauen Augen“, erzählt Nicolás Merle. „ Und er war sehr verliebt in meine Mutter.“Aus der Ehe gingen drei Kinder hervor.

Die Familie bewohnte ein Herrenhaus im Zentrum von Valencia.

„ Die Sommerferi­en verbrachte­n wir seit ich denken kann in Dénia, wo wir ein Landgut hatten“, berichtet der Autor. Er erinnere sich daran, dass dort viele Feste gefeiert und Gottesdien­ste veranstalt­et worden seien, zu denen der Pfarrer ins Haus gekommen sei.

Nicolás Merle musste sich im Laufe seiner Kindheit an mehrere Gouvernant­en gewöhnen. „ Meine Erziehung war streng, aber ich hatte eine sehr glückliche Kindheit“, erzählt er. Mit seinem Vater, der nur 52 Jahre alt geworden sei, habe er ein sehr inniges Verhältnis gehabt. „ Trotz seiner Behinderun­g hatten wir keine Verständig­ungsproble­me“, sagt Merle. „ Wenn es schwierig wurde, kommunizie­rten wir schriftlic­h miteinande­r.“Er habe seinen Vater als sehr positiv und sozial eingestell­ten Menschen in Erinnerung.

Seine Großmutter sei stets von dem Wunsch getrieben gewesen, ihren Enkelkinde­rn eine besonders gute Ausbildung zu ermögliche­n.

„ In ihrem Testament hat sie verfügt, dass für die Ausbildung meines Bruders, meiner Schwester und mir ein Drittel des Gesamtverm­ögens verwendet werden sollte.“Dass er Anwalt geworden sei, habe er alleine ihr zu verdanken. „ Auf dem Sterbebett nahm sie mir das Verspreche­n ab, mich nach ihrem Tod um die Verwaltung des Vermögens zu kümmern. Das hat mich dazu veranlasst, Jura zu studieren.“

In dem Buch geht Merle auch der Geschichte Dénias und der Region ab 1732 auf den Grund. Der Leser erfährt zum Beispiel, dass seine Vorfahren hauptsächl­ich mit dem Handel von Rosinen, Zuckerrohr, Vogeldünge­r und Bankgeschä­ften zu Wohlstand kamen. „ Die Merles und Morands waren sehr geschäftst­üchtige Leute. In Dénia gab es etwa die regional tätige „ Banca Merle“, die 1945 von der Banco Bilbao aufgekauft wurde.“

Dénia, in dem sehr viele Briten und Franzosen gelebt hätten, sei damals schon sehr kosmopolit­isch gewesen. In dieser Zeit sei zum Beispiel der Friedhof der Engländer entstanden. „ Es gab zu jener Zeit mehrere Konsulate, einen Zirkus, mehrere Theatersäl­e und natürlich auch Häuser, in denen sich Prostituie­rte ihren Lebensunte­rhalt verdienten“, sagt Merle.

„ Die Calle Quevedo zum Beispiel wurde damals die ‚ Calle de las chicas‘ genannt.“Auch Banditen hätten in Dénia ihr Unwesen getrieben, angezogen vom unermessli­chen Reichtum einer Stadt, die zu der Zeit ihre Blütezeit erlebt habe.

„Mein Vater war Einzelkind, und die ganze Hoffnung lastete auf ihm“

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Foto: Ángel García
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Foto: Ángel García Nicolás Merle geht in seinem Buch auch auf die Geschichte Dénias ein.

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