Drei Cartagenas
Was die Karthager mit einer kolumbianischen Großstadt zu tun haben
Tunesien, Spanien und Kolumbien, diese drei Länder auf drei Kontinenten verbindet ein gemeinsamer Name, der ihre Geschichte geprägt hat: Cartagena. Alles begann mit einer Hafenstadt am nordafrikanischen Mittelmeer, aus der eines der mächtigsten Völker der Antike hervorging: die Karthager. An der spanischen Mittelmeerküste schufen sie ein „ neues Karthago“. Doch diese neue Stadt sollte schon wenige Jahre nach ihrer Gründung an die verfeindeten
Römer fallen, die sie groß machten. 15 Jahrhunderte später gab es dann schließlich wieder ein neues Cartagena. Dieses wurde von einem Mörder aus Madrid an Kolumbiens Karibikküste errichtet.
Spanien, Tunesien, Kolumbien, drei Länder, die – zumindest auf den ersten Blick betrachtet – nur relativ wenig miteinander gemeinsam haben. Mit einer kleinen Ausnahme: Sie alle besitzen eine Stadt mit dem Namen Cartagena. Das erste Cartagena der Geschichte, Karthago, fristet aktuell ein Dasein als Vorort der tunesischen Hauptstadt Tunis. Doch hohe Säulen und mächtige Ruinen erinnern immer noch an das antike Weltreich Karthago. Heutzutage gibt es etwa 30 Orte in Afrika, Europa und Amerika, die den Namen Cartagena tragen. Viele gehen auf das Konto der Spanier, die im 15. und 16. Jahrhundert mehrere Ortschaften in ihren Kolonien mit diesem Namen tauften. Der bekannteste dieser 30 Orte ist zweifellos Cartagena de Indias an der kolumbianischen Karibikküste, das heute fast eine Million Einwohner zählt.
Der Anfang der Geschichte der Cartagenas liegt in einer der am weitesten entwickelten Kulturen der Antike begründet: den Karthagern. Der griechische Geschichtsschreiber
Dionysios von Halikarnassos datiert die
Gründung der Stadt, aus der später eine
Weltmacht hervorgehen sollte, auf 814 vor Christus, wobei moderne Historiker erst Nachweise für eine Siedlung in dieser Gegend ab 760 vor Christus besitzen. Diese erste Siedlung war wohl zunächst nichts weiter als eine phönizische Stadt, wie es sie an der afrikanischen Mittelmeerküste zu Dutzenden gab.
Das Städtchen hatte anfangs den Status einer Kolonie, die der Hauptstadt Tyros untergeordnet war und Abgaben leisten musste. Mit der Zeit wurden die Zahlungsforderungen aber immer höher, weil die Karthager ein Seefahrervolk mit einem Sinn für gute Geschäfte waren. Mit der Eroberung der phönizischen Hauptstadt Tyros durch Persien im 6. Jahrhundert vor Christus, setzte sich Karthago endgültig von der ehemaligen Hauptstadt Tyros ab, wurde selbstständig und wuchs zu einer der größten und einflussreichsten Städte der Antike heran. Das veranlasste sie schnell dazu, zunächst Enklaven an der afrikanischen
Mittelmeerküste und später auch in Europa für den internationalen Handel zu gründen. Einige Erkundungsfahrten reichten bis in den nördlichen Atlantik hinein. Die wichtigsten neuen Siedlungen wurden auf den heutigen Inseln Sizilien, Sardinien, Korsika und in
Spanien gegründet – zunächst ohne großen Widerstand. Die ersten, die dem expansiven Händler- und Schiffsfahrervolk gefährlich wurden, waren im 5. und 4. Jahrhundert vor Christus die Griechen, die ihre Westkolonisation Richtung Süditalien und Sizilien fortsetzen wollten.
Der Hauptrivale sollte aber das Römische Reich werden. Erste Zusammentreffen sind etwa auf das Jahr 300 vor Christus datiert. Die Römer gaben den Karthagern zu der Zeit den Namen „ Punier“, der sich bis in die heutige Geschichtsschreibung gehalten hat. Nach und nach wuchs Rom immer weiter, brachte nicht nur die italienische Halbinsel unter Kontrolle, sondern breitete sich auch nach Westen hin aus. Das mündete im Jahr 264 vor Christus im Ersten Punischen Krieg. Infolgedessen verloren die Karthager Sizilien und Korsika.
Genau in dieser von territorialen Verlusten gezeichneten Zeit bestritten die Karthager dann auch den Weg zu den Cartagenas der Moderne. Aus dem heutigen Italien vertrieben, sahen sie sich auf der Iberischen Halbinsel um und fanden schließlich an der spanischen Levanteküste eine Landzunge vor, die komplett von Felsen umgeben war, was einem natürlichen Hafen gleichkam. An dieser Stelle gründeten sie im Jahr 227 vor Christus die Stadt Qart Hadasht (neue Stadt), heute besser bekannt unter dem Namen Cartagena Levante. Ihr Gründungsvater war
Spanien als Notanker für die Karthager nach Verlusten in Italien