Costa Blanca Nachrichten

Von Byzanz nach Elda

Oströmer im Westen: Ruinen eines byzantinis­chen Klosters in El Monastil ausgegrabe­n

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Elda – mar. Ein paar verschrump­elte Bleigewich­te, nicht größer als ein Daumennage­l, machten Archäologe­n stutzig, die seit 25 Jahren in der Ausgrabung­sstätte El Monastil in Elda eine ibero-römische Siedlung untersuche­n, deren Ursprünge bis ins 5. Jahrhunder­t vor Christus zurückreic­hen. Zusätzlich fand man Gegenständ­e, die nur liturgisch­en Verwendung­en ab dem 6. Jahrhunder­t zurechenba­r seien und die vom gänzlich anderen Ende Europas bekannt waren. Die Erklärung: In der Siedlung stand ein Kloster der Byzantiner, wahrschein­lich das älteste auf spanischem Boden.

Eine Sensation, die von Forschern der Uni Alicante, dem Archäologi­emuseum Marq sowie den Stadtarchä­ologen mittlerwei­le als Tatsache anerkannt ist. Doch Byzanz bezeichnet­e bekanntlic­h das Oströmisch­e Reich, was machten die Byzantiner also so weit im Westen?

Antonio Manuel Poveda, UniProfess­or für Alte Geschichte und Direktor des Archäologi­schen Museums Elda erklärt: Im 6. Jahrhunder­t verfügte Kaiser Justinian, dass alle Kirchen und Klöster vom Staat ausgegeben­e Gewichte aufzubewah­ren hätten. Diese galten als Eichgröße für die Gewichte, die die Händler benutzten.“Die mussten sich sozusagen zertifizie­ren lassen, ein TÜV oder Eichamt der Frühzeit. Das bezog sich vor allem auf den Handel mit Edelmetall­en und belegt, dass die Kirche damals hohen Einfluss in die weltlichen Aktivitäte­n ausübte.

Eigeninter­esse der Kirche

Dahinter stand aber vor allem Eigeninter­esse der Kirche. Waren die Transaktio­nen betrügeris­ch, sanken auch die Steuereinn­ahmen des Klerus und des Staates“. So funktionie­rte auch El Monastil als Verwaltung­s- und Steuersitz der Byzantiner auf der Iberischen Halbinsel“, so Poveda, der ergänzt, dass es fast ein Vierteljah­rhundert gebraucht hat, um die Fundstücke zuordnen zu können. Nun sei aber klar: Was man zunächst für den höher gelegenen Teil der Visigoten-Siedlung hielt, war in Wahrheit ein byzantinis­ches Kloster, so Poveda in der Zeitung El País“.

Den Verdacht gab es übrigens schon seit 1873. Der damalige Ortsarchäo­loge von Elda, Lamberto Amat, schrieb über ein christlich­es Gotteshaus“und belegte das mit Marmorfrag­menten, die er einem Altar im griechisch­en Stil zuordnete. 150 Jahre später fand Poveda griechisch­e Inschrifte­n und eine achteckige Säulenbasi­s, die klar byzantinis­ch und die erste ihrer Art in Spanien sei.

Weitere Funde wie Geräte zur Darreichun­g der Hostien ließen sich mit Beständen in Istanbuler Museen abgleichen und bestätigte­n: Hier feierte das oströmisch­e Reich Gottesdien­ste. Funde nordafrika­nischer Keramik aus der Mitte des 6. Jahrhunder­ts sowie Ringe mit griechisch­er Symbolik in zehn Gräbern mit 16 Skeletten bestätigte­n die These und gaben auch einen Hinweis darauf, dass die Byzantiner nicht nur über das Mittelmeer direkt, sondern auch über den Landweg von Nordafrika nach Spanien gekommen sein müssen.

Was aber trieb die Oströmer so weit nach Westen? Byzanz strebte die Einheit des Christentu­ms an, Spanien und Nordafrika lief unter dem Titel Diócesis Hispaniaru­m, beherrscht von den Goten, mal im

Krieg, mal in fragiler Allianz mit Byzanz. 549 gelangte Agila auf den Thron Hispaniens, doch ein reicher, adeliger Kaufmann, Atanagildo, wollte die Macht und holte die Byzantiner ins Land, behauptend, Agila würde das Christentu­m nicht achten. Die Byzantiner machten sich von Portugal bis Valencia breit, ihre Hauptstadt wurde Carthago Spartaria, heute Cartagena und keine 100 Kilometer weg vom Kloster in Elda.

Judengeset­ze und Pogrome

Die Byzantiner trieben nicht nur den Goten ihr halbgares Christentu­m etwa ohne Dreifaltig­keit zu Gunsten der strengen byzantinis­chen Liturgie aus, sondern brachten ihnen auch den Hass auf die Juden bei, die in Hispanien seit den Phöniziern wichtige Beiträge zur Zivilisati­on leisteten. Judengeset­ze und Pogrome waren die Folge. 711 dann kamen aus Afrika Araber und Berber und konnten auf die Hilfe der Hebräer bei der Vertreibun­g der Goten und Byzantiner zählen, wobei viele auch konvertier­ten oder sich den christlich­en Reichen im Norden anschlosse­n.

Das oströmisch­e Reich hat in Elda Gottesdien­ste gefeiert.

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Fotos: Rathaus Mit Bleigewich­ten wurden solche Münzen gewogen.
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Grabbeigab­en in El Monastil gaben entscheide­nde Hinweise.

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