Was ist los?
Mode im Museum: Ausstellung Artenblanc holt Designerstücke vom Laufsteg in Alicantes Lonja.
Laufstege, Fotografen und roter Teppich, das verbinden die meisten wohl mit einem Modefestival. Während diese Spektakel nach ein paar Stunden oder Tagen schon enden, haben sich 25 Designer aus dem Land Valenciana entschlossen, ihre schönsten Kleidungsstücke gleich mehrere Monate lang in einer Ausstellung zu präsentieren. Diese ist ab sofort und bis zum 23. Februar in Alicantes früherer Fischversteigerungshalle Lonja zu sehen. Danach wandert sie weiter ins Museo de Bellas Artes in Castellón.
Diese Sammlung valencianischer Modekunst trägt den Namen Artenblanc“(Kunst auf Weiß) in Anspielung auf die weißen Schaufensterpuppen, die jeder Designer dekorieren darf, genau wie ein Künstler eine weiße Leinwand mit Leben füllt. Schon zum zweiten Mal tun sich viele der bedeutendsten Designer Valencias zusammen, um gemeinsam die Kreativität ihrer Region zu repräsentieren. Während es bei der ersten Ausgabe im Jahr 2018 vor allem um den künstlerischen Aspekt ging, soll bei Artenblanc2, der aktuellen Schau, auch ein weiteres Thema mit einbezogen werden: Nachhaltigkeit. Alle Modeschöpfer konnten für ihre Entwürfe frei über Material und Gestaltung bestimmen und ihrer Puppe ihren ganz eigenen Stil verpassen.
„Besser als Modenschau“
Ich finde die Idee von Artenblanc sehr interessant und innovativ, weil das Publikum im Museum zu den einzelnen Ausstellungsstücken gehen und Schnitt und Stoff genau anschauen kann. Diese beiden Aspekte machen ja schließlich ein Design aus“, erzählt eine der teilnehmenden Designerinnen, Laura Alemany Bosch vom Label Daluna, begeistert. Schon in der ersten Ausgabe der Ausstellung vor zwei Jahren war die gebürtige Valencianerin mit dabei und stattete eine weiße Büste aus. Jetzt mit meiner zweiten Teilnahme würde ich sogar sagen, dass ich die Ausstellung besser als eine klassische Modenschau finde“, ist die Modedesignerin vom Konzept überzeugt.
Für die Ausstellung hat sie ein festliches Abendoutfit hergestellt.
Mein Kleid repräsentiert eine selbstbewusste Frau, die kleine Details liebt und eine sehr sinnliche Ausstrahlung besitzt“, beschreibt sie ihre Arbeit. Tatsächlich ist es gleichzeitig ein Kleid und ein Zweiteiler, weil der Rock mit einem Gürtel klar vom Oberteil abgesetzt ist“. Insgesamt definiert Alemany Bosch ihren Stil als sehr feminin und elegant: Mir gefällt es, mit Schnitten und kleinen handgemachten Verzierungen die persönliche Eleganz jeder einzelnen Frau zu betonen.“Länge, Schnittführung und Motive können dabei variieren, Hauptsache, das Outfit hat das gewisse Etwas“, ist die Designerin überzeugt. Dies sei das wichtigste Kriterium für einen guten Stil: Schönheit kann ganz unterschiedlich aussehen. Für mich besteht sie einfach darin, sich wohl in seiner Haut zu fühlen und zu wissen, was man will“.
In Auftrag gegeben hat die Veranstaltung die Landesregierung, die die Modedesigner ihrer Region in ganz Spanien bekannt machen möchte. Der Veranstalter ist die PR- und Event-Firma Nil Comunicación, die schon viele Modeveranstaltungen in der Region ausgerichtet hat. Dass diese Profis mich eingeladen haben, die Mode meiner Region zu repräsentieren, ist eine große Ehre für mich“, findet Laura Alemany Bosch.
Auch die Zusammenstellung der Designer, die die Ausstellungsstücke liefern, begeistert die gebürtige Valencianerin. Die Vielfalt der Stoffe, Kleidungsstücke und Stile sei eine wichtige Stärke der Veranstaltung und zeige die Kreativität der Region. Ich bewundere alle Arbeiten meiner Kollegen, aber ganz besonders gefällt mir das Outfit von Alejandro Resta“, so Laura Alemany Bosch.
Dieser fertigt in seinem Atelier in Valencia Kollektionen, die nicht nur in Europa sondern unter anderem auch in Katar und Dubai verkauft und vorgeführt werden. Vom Institut für Moderne Kunst in Valencia (Ivam) wurde Resta zum besten Jungdesigner“gewählt.
Designkollegin Andra Cora verbindet die Mode mit Fotografie, Kunst und viel Persönlichkeit. Mode muss den Träger praktisch nackt machen und die wahre Seele zeigen“, lautet ihr Motto. Designer Miguel Vizcaino hat Mode von klein auf mitbekommen. Aufgewachsen in einer Familie, in der alle in diesem Sektor gearbeitet haben, beschloss er mit 20 Jahren, in Madrid Modedesign zu studieren. Seit 2012 führt Vizcaino sein eigenes Label in Castellón.
Talente aus Alicante
Auch Designer aus der Provinz Alicante statten die weißen Puppen aus. Juan Vidal aus Elda hat das Familienunternehmen, das ursprünglich auf die Herstellung von Maßanzügen für Männer spezialisiert war, komplett umgekrempelt und aus ihm eine Marke für vanguardistische Damenmode gemacht. Bei der Mercedes Benz Fashion Week in Madrid wurde seine Show mit dem Titel Barbara’s Prince of Love“eine Hommage an die britische Liebesromanautorin Barbara Cartland zur besten Herbst/Winter-2020-Kollektion Spaniens gewählt. Für die nächsten Jahre kündigt der Designer aus dem Kreis Medio Vinalopó neue Shows in Paris und London an.
In der direkten Nachbarschaft, in Elche, ist das Duo Siglo Cero tätig. Den Durchbruch erlebten die Designer María Jesús Domingo und Pedro Hidalgo vor über 20 Jahren bei einem Nachwuchsdesignerwettbewerb in Barcelona. Danach zeigten die beiden Elcher ihre Entwürfe in Valencia, Madrid, Frankreich und sogar in Japan. Ihre Mode bezeichnen sie getreu ihrem Markennamen als Jahr null“, weil sie eine andere, neue Mode kreieren wollen, die mit bestehenden Meinungen und Regeln bricht.
In ein neues Zeitalter möchte auch Yvan Andreu aus Elche aufbrechen. Mit Vodafone und Samsung zeigte er auf der Madrid Fashion Week die erste 5G-Show“mit virtuellen Google-Brillen, Wärmebildkameras und Computerchips als Accessoires. Die Laufstege befanden sich in zwei unterschiedlichen Räumen und wurden in Echtzeit miteinander verbunden.
Die Kollektion verbindet Emotionen mit moderner Kommunikationstechnologie und verwendet die Technik als Medium so wie die Mode Stoffe und Schnitte als Mittler verwendet“, beschreibt der Designer. Bei Artenblanc kommt der Elcher jedoch ohne Technologie aus und orientiert sich lieber am japanischen Animee. Ich mache Mode für einen unschuldigen und offenen Geist, der bereit für Neues ist“, erklärt er. Ehrengast des zweiten Artenblanc ist Francis
Montesinos. Im vergangenen Jahr feierte der Valencianer sein 50-jähriges Dienstjubiläum. Montesinos gehört zu den bedeutendsten spanischen Designern, präsentierte seine Shows schon unter anderem in den USA, Frankreich, Italien, Deutschland und Kuba und sorgte in den 80er-Jahren dafür, dass die spanische Mode weltweit bekannt wurde. Die 80er-Jahre waren in vielerlei Hinsicht ein Durchbruch, nicht nur für mich als Person, sondern für das ganze Land. Plötzlich wurde Spanien als das Land der Kreativität und der Revolution gesehen“, erzählt der Valencianer in einem Interview mit dem regionalen Fernsehsender 7 Tele Valencia“.
Die Ausstellung Artenblanc sieht aber auch in der heutigen Zeit wieder Anlass für eine Revolution in der Modeindustrie. Weltweit werden Menschen in Textilfabriken mit unmenschlichen Arbeitsbedingungen ausgebeutet, damit Firmen immer mehr Kleidungsstücke zu immer günstigeren Preisen vertreiben können. Gleichzeitig wird täglich aber auch tonnenweise Kleidung weggeworfen. Nachhaltige und hochwertig produzierte Einzelstücke wie von den Designern bei Artenblanc, die in Spanien hergestellt werden, haben jedoch ihren Preis. Die Lonja in Alicante ist dienstags bis sonntags von 10.30 bis 20 Uhr geöffnet. Der Eintritt zur Ausstellung Artenblanc ist gratis.