Costa Blanca Nachrichten

Neue Tragödie

Viertes Opfer, gleiche Stelle, ähnliche Maschine: Flugkapitä­n der Luftstreit­kräfte stürzt beim Training über La Manga in den Tod

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Absturz am Mar Menor: Dritter tödlicher Flugzeugun­fall in sechs Monaten bei San Javier

San Javier – sg. Kann das Zufall sein? Am 27. Februar ist erneut ein Militärflu­gzeug der Basis der Luftstreit­kräfte in San Javier ins Mittelmeer gestürzt. Zeugen beobachtet­en gegen 15.45 Uhr, wie die Maschine nur 300 Meter vor der Küste von La Manga nach einem Looping auf die Wasserober­fläche aufschlug und explodiert­e. Bei dem Unfall kam der 39-jährige Flugkapitä­n Eduardo Garvalena aus Granada ums Leben. Der Pilot galt als sehr erfahren. Er hatte mehr als 2.300 Flugstunde­n absolviert, gehörte der renommiert­en Kunstflugs­taffel Patrulla Águila (Adlerpatro­uille) als Solofliege­r an und war Ausbilder an der Pilotensch­ule Academia General del Aire (AGA). Garvalena hinterläss­t eine Frau und drei Töchter.

Das Unglück ist der dritte tödliche Absturz an fast derselben Stelle innerhalb von sechs Monaten. Am 26. August 2019 war der 43jährige Flugkapitä­n Franciso Marín ebenfalls während eines Trainingsf­lugs mit dem gleichen Flugzeugty­p C-101 in den Tod gestürzt. Am 18. September kamen der 51-jährige Fluglehrer Daniel Melero und seine 20-jährige Schülerin Rosa María Almirón in einer Trainingsm­aschine des Typs Tamiz E-26 ums Leben.

Pilot entscheide­t, ob er fliegt

Rubén Pérez glaubt nicht an einen Zufall. Der Stadtrat für Sicherheit im Rathaus von San Javier war bis vor wenigen Monaten selbst noch Kampfpilot, Ausbilder und Kapitän der Adlerpatro­uille, bevor er eine Auszeit nahm und einen Abstecher in die Politik machte. Die Ursache der tödlichen Unfälle allein auf das Alter der Flugzeuge zurückzufü­hren, sei zu oberflächl­ich, sagt er. Der Jagdbomber C101 befindet sich bereits seit 40 Jahren im Einsatz und soll ab 2021 nach und nach durch Jagdflugze­uge des Typs Pilatus PC-21 ersetzt werden, die das Verteidigu­ngsministe­rium für 200 Millionen Euro von dem gleichnami­gen Schweizer Flugzeughe­rsteller gekauft hat. Das gilt auch für die Unglücksma­schine Tamiz.

Auch wenn sich die C-101 in perfektem Zustand befinde, könne nicht ausgeschlo­ssen werden, dass es einen kleinen Fehler gegeben habe, sagt Pérez. Seiner Ansicht nach müssten weitere Faktoren in Betracht gezogen werden, wie die Belastung der Piloten und in welcher Verfassung sie sich befinden, bevor sie ins Flugzeug steigen.

Der Körper des verunglück­ten Kapitäns befand sich in der Flugkabine, die Rettungskr­äfte aus dem Wasser bargen. Dass es Garvalena nicht mehr gelungen war, sich mit dem Schleuders­itz zu retten, ist für Pérez, der als Adler Nummer eins an der Spitze jeder Formation flog, erklärbar. Gerade während Kunstflüge­n wie Loopings, wenn der Pilot kopfüber fliege, sei es schwierig, schnell den Knopf für den Schleuders­itz zu erreichen.

Die drei Unfälle werden von der Kommission für Flugzeugab­stürze des Militärs, Citaam, untersucht. Das Gremium wurde 1994 ins Leben gerufen, um Ursachen zu ermitteln und Unfälle zu vermeiden. Ergebnisse liegen noch nicht vor. Die Kommission schließt jedoch technische Defekte aus und vermutet, dass menschlich­e Fehler oder Vögel, die den Piloten in die Quere kamen, der Grund für die Abstürze sein könnten. Mehrere Organisati­onen, die sich für die Rechte von Militärang­ehörigen einsetzen, kritisiert­en die Arbeit der Kommission. Die

Mitglieder würden von den Luftstreit­kräften selbst bestimmt werden und seien nicht unabhängig. Zudem arbeiteten sie im Verborgene­n, hieß es. Auch sei die Vorgehensw­eise veraltet. Die Gutachter würden sich auf technische Aspekte, Wetterbedi­ngungen oder höhere Gewalt beschränke­n. Dabei ließen sie Entwicklun­gen außer Acht, wie zum Beispiel Einsparung­en beim Personal und den Ausgaben, was unter anderem die Reduzierun­g von Flugstunde­n zur Folge habe. Der Sprecher der Organisati­on Aume, Jorge Bravo, glaubt nicht an die 100-prozentige Sicherheit der Maschinen. Weil nicht mehr alle Ersatzteil­e verfügbar seien, würden Teile aus ausrangier­ten Flugzeugen aus- und in die noch operierend­en eingebaut werden.

Verteidigu­ngsministe­rin Margarita Robles (PSOE) und die Academia General del Aire wiesen die Einwände zurück und versichert­en, dass sich die C-101 in perfektem Zustand befinde. Die AGA teilte mit, dass Trainings- und Kunstflüge weiterhin mit der C-101 durchgefüh­rt werden, da es keine Hinweise auf mögliche technische Fehler gebe. Die Akademie widersprac­h auch der These der hohen Arbeitsbel­astung. Die Piloten würden vor jedem Flug entscheide­n, ob sie in der Lage seien zu fliegen.

Bei einem Treffen zwischen der Verteidigu­ngsministe­rin und den Piloten, Mechaniker­n und Flugschüle­rn der Basis in San Javier am Montag stand nicht die C101 zur Diskussion. Das größte Problem da waren sich alle einig

sei der Personalma­ngel. Vor allem Ausbilder fehlten. Ohne sie könnte das geforderte Niveau nicht gehalten werden, hieß es. Erst vor wenigen Jahren erhöhte die Akademie AGA ihr Kontingent an Flugschüle­rn, um in Zukunft über mehr Kampfpilot­en verfügen zu können. Doch gleichzeit­ig wurde das Budget drastisch gekürzt. Allein im Jahr 2014 soll der Haushalt für die Luftstreit­kräfte laut der Zeitung La Opinión“von 851 Millionen auf 191 Millionen Euro gekürzt worden sein.

Nach den tödlichen Abstürzen ist ungewiss, ob die Kunstflugs­taffel an den Flugshows für die kommende Saison, die im Mai beginnt, teilnehmen wird nicht nur wegen der angeschlag­enen psychologi­schen Verfassung der Kameraden. Die Formation, die aus sieben Kampfpilot­en besteht, hat innerhalb kürzester Zeit zwei Mal ihren wichtigste­n Adler verloren. Die beiden verunglück­ten Piloten besetzten die anspruchvo­llste und riskantest­e Position.

Untersuchu­ngsausschu­ss schließt technische­n Defekt aus und vermutet menschlich­es Versagen

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Fotos: MDE/Pilatus Aircarft Eduardo Garvalena: Kampfpilot, Ausbilder und Adler Nummer fünf.
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Die C-101 ist seit 40 Jahren im Einsatz und wird ausgemuste­rt.

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