Liebe Leser,
wahrscheinlich sollte ich an dieser Stelle etwas österliche Stimmung verbreiten, aber ich kann es wirklich nicht. Wir mussten diese Woche grausame Nachrichten veröffentlichen. Jeden Tag vom Besuch der Internetseite des Gesundheitsministeriums mit 800 Toten mehr zurückzukommen, das drückt aufs
Gemüt. Wenn ein Bekannter nach dem anderen in die Kurzarbeit oder den Zwangsurlaub gehen muss und man hört, dass in ständiger Angst um den Arbeitsplatz wieder die
Euros gezählt werden, die nach Zahlung der Miete oder Hypothek diesen Monat fürs Essen übrig bleiben, verfliegt der letzte Rest von Festlaune. Mit einem Mal findet man sich in dieser Metroscopia-Umfrage wieder, in der 80 Prozent der Bevölkerung sich große Sorgen um die Zukunft machen – was mit Verlaub überhaupt nicht zu diesem Land passt. Ohne religiöse Gefühle verletzen zu wollen, meine Hoffnung dieses Ostern ruht darauf, dass der Herr Jesus Christus mit seiner Auferstehung mal ein Jahr Pause macht und dafür Spanien, Europa und die Welt zum Zuge kommen lässt.
Wir kommen aus diesem Loch aber auch wieder raus. Diese Woche müssen wir sicherlich nochmal die Zähne zusammenbeißen. Noch merkt man es kaum, aber das Virus lockert ganz langsam den Würgegriff, mit dem es uns physisch wie psychisch umklammert. Und irgendwann können wir dann aus dieser Schutzhaft in Wohnungen und Häusern wieder raus ins Freie. Viele von uns werden dann feststellen müssen, dass dieses Virus ihre Welt auf den Kopf gestellt hat.
Auf Spanien kommen ganz schwierige Zeiten nach der CoronavirusKrise zu. Die Wirtschaft wird nicht wieder wie der Motor eines Autos anspringen. Die Tourismusindustrie, von der die Küste schließlich lebt, muss diesen Sommer sicherlich ihre Rechnung ohne ausländische Urlauber machen, weil kaum jemand nach Spanien kommen wird. Ein Leichtes wäre es, Ihnen jetzt ein Horrorszenario wie 2008 auszumalen.
Ich glaube aber nicht, dass es so kommen wird. Wahrscheinlich hinterlässt das Virus tiefgreifendere Veränderungen als die Wirtschaftskrise, aber bestimmt werden es andere sein. Unseren Wohlstand werden wir kaum wieder am Stand des Staatsdefizits und der Neuverschuldungen messen. Womöglich machen wir uns mehr Gedanken über unsere Gesundheit, die Versorgung und Forschung. Möglicherweise hinterfragen wir, ob wir uns der Globalisierung zu zügellos hingegeben haben und die vermeintlich grenzenlose Freiheit von Waren und Dienstleistung uns nicht in Wirklichkeit in Abhängigkeit und Unmündigkeit getrieben hat.
Mein Job ist aber nicht, aus Ostern die Auferstehung des Abendlandes zu machen. Ich will eigentlich nur nächste Woche wieder einem treuen Leser seine wöchentliche WhatsApp-Frage „ Erscheint die Zeitung denn noch?“mit dem gleichen „ Selbstverständlich“beantworten können, wie ich das seit Ausbruch der Coronavirus-Krise tue. Lesen Sie uns – ob auf Papier oder als E-Paper – vor allem aber bleiben Sie gesund und zu Hause.