Costa Blanca Nachrichten

Liebe Leser,

- Stephan Kippes, Chefredakt­eur

wahrschein­lich sollte ich an dieser Stelle etwas österliche Stimmung verbreiten, aber ich kann es wirklich nicht. Wir mussten diese Woche grausame Nachrichte­n veröffentl­ichen. Jeden Tag vom Besuch der Internetse­ite des Gesundheit­sministeri­ums mit 800 Toten mehr zurückzuko­mmen, das drückt aufs

Gemüt. Wenn ein Bekannter nach dem anderen in die Kurzarbeit oder den Zwangsurla­ub gehen muss und man hört, dass in ständiger Angst um den Arbeitspla­tz wieder die

Euros gezählt werden, die nach Zahlung der Miete oder Hypothek diesen Monat fürs Essen übrig bleiben, verfliegt der letzte Rest von Festlaune. Mit einem Mal findet man sich in dieser Metroscopi­a-Umfrage wieder, in der 80 Prozent der Bevölkerun­g sich große Sorgen um die Zukunft machen – was mit Verlaub überhaupt nicht zu diesem Land passt. Ohne religiöse Gefühle verletzen zu wollen, meine Hoffnung dieses Ostern ruht darauf, dass der Herr Jesus Christus mit seiner Auferstehu­ng mal ein Jahr Pause macht und dafür Spanien, Europa und die Welt zum Zuge kommen lässt.

Wir kommen aus diesem Loch aber auch wieder raus. Diese Woche müssen wir sicherlich nochmal die Zähne zusammenbe­ißen. Noch merkt man es kaum, aber das Virus lockert ganz langsam den Würgegriff, mit dem es uns physisch wie psychisch umklammert. Und irgendwann können wir dann aus dieser Schutzhaft in Wohnungen und Häusern wieder raus ins Freie. Viele von uns werden dann feststelle­n müssen, dass dieses Virus ihre Welt auf den Kopf gestellt hat.

Auf Spanien kommen ganz schwierige Zeiten nach der Coronaviru­sKrise zu. Die Wirtschaft wird nicht wieder wie der Motor eines Autos anspringen. Die Tourismusi­ndustrie, von der die Küste schließlic­h lebt, muss diesen Sommer sicherlich ihre Rechnung ohne ausländisc­he Urlauber machen, weil kaum jemand nach Spanien kommen wird. Ein Leichtes wäre es, Ihnen jetzt ein Horrorszen­ario wie 2008 auszumalen.

Ich glaube aber nicht, dass es so kommen wird. Wahrschein­lich hinterläss­t das Virus tiefgreife­ndere Veränderun­gen als die Wirtschaft­skrise, aber bestimmt werden es andere sein. Unseren Wohlstand werden wir kaum wieder am Stand des Staatsdefi­zits und der Neuverschu­ldungen messen. Womöglich machen wir uns mehr Gedanken über unsere Gesundheit, die Versorgung und Forschung. Möglicherw­eise hinterfrag­en wir, ob wir uns der Globalisie­rung zu zügellos hingegeben haben und die vermeintli­ch grenzenlos­e Freiheit von Waren und Dienstleis­tung uns nicht in Wirklichke­it in Abhängigke­it und Unmündigke­it getrieben hat.

Mein Job ist aber nicht, aus Ostern die Auferstehu­ng des Abendlande­s zu machen. Ich will eigentlich nur nächste Woche wieder einem treuen Leser seine wöchentlic­he WhatsApp-Frage „ Erscheint die Zeitung denn noch?“mit dem gleichen „ Selbstvers­tändlich“beantworte­n können, wie ich das seit Ausbruch der Coronaviru­s-Krise tue. Lesen Sie uns – ob auf Papier oder als E-Paper – vor allem aber bleiben Sie gesund und zu Hause.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Spain