Costa Blanca Nachrichten

Ausgangssp­erre korrigiere­n

- Winkend und schreiend

Die Empfehlung der Wissenscha­ftler, die Corona-Infektions­geschwindi­gkeit durch Ausgangsbe­schränkung zu verlangsam­en, wurde von der spanischen Regierung richtigerw­eise schnell und konsequent umgesetzt – etwas zu konsequent – denn nichts stabilisie­rt das Immunsyste­m nach Aussage derselben Wissenscha­ftler mehr als die Bewegung an frischer Luft. Dies gilt ganz besonders für die zu schützende Risikogrup­pe, die Älteren. Das Verbot, frische Luft und etwas Sonne zu konsumiere­n und dabei den Kreislauf zu stimuliere­n macht also genau die zu schützende Zielgruppe noch anfälliger.

Außerdem wirkt sich eine derart radikale Maßnahme wohl nicht nur physisch, sondern auch psychisch negativ, also destabilis­ierend, aus. Es wäre deshalb sicherlich hilfreich, den Spaziergan­g älterer Personen, alleine oder mit Partner, nicht weiter mit hohen Geldstrafe­n zu bedrohen.

Gunter R. Schwäble Rojales

Wir hatten entschiede­n, unseren Urlaub in der Nähe von Mazarrón zu beenden und im Wohnmobil nach Deutschlan­d aufzubrech­en. Mit vollem Wassertank und gefülltem Kühlschran­k fuhren wir los, da es hieß: Am Montag schließen die Grenzen. Leider hörte sich der Motor bei Zaragoza nicht mehr gut an. Trotzdem haben wir uns entschiede­n, weiterzufa­hren, es zumindest über die spanisch-französisc­he Grenze zu schaffen. Leider gab der Motor um 23 Uhr auf der AP-68 bei Tudela den Geist auf. Drei Stunden haben wir auf ein Abschleppu­nternehmen gewartet. Der Herr des Abschleppu­nternehmen­s war dann um 2 Uhr nachts dort und hat uns aufgeladen.

Was uns schon gewundert hat: Er hatte ein Tuch vor dem Mund aus Fleecestof­f. Und dass er im Winter mit geöffneten Fenstern fährt, hat uns sehr gewundert. Ich habe das Fenster dann geschlosse­n, da mir nachts in Nordspanie­n echt kalt war. Er hat es wieder geöffnet. Ich habe es geschlosse­n. Er hat es geöffnet. Ich fand das ganz schön unverschäm­t, aber dachte noch nicht an Corona. Auf die Aussage „ Mir ist kalt!“hat er dann das Fenster geöffnet und die Heizung volle Pulle angemacht.

Er hat uns dann vor einer Fiatwerkst­att abgeladen und gesagt: Montag öffnet die Werkstatt. Ziemlich verloren gingen wir ins Bett. Der Sonntag war dann einfach abzuwarten, immer mit dem Hintergeda­nken: Die Grenzen schließen. Ein Leihwagen war nicht zu besorgen.

Flugbox gesucht

Am Montag dann die Ernüchteru­ng: Die Werkstatt öffnet nicht und wir sind von der Außenwelt abgeschnit­ten. Ein Leihwagen ist nicht zu bekommen. Ein Abschleppu­nternehmen kann das Wohnmobil zwar nach Deutschlan­d überführen, darf aber uns nicht mitnehmen. Wie also wegkommen? Blieben Zug und Flug.

Zugreise vermuteten wir schwierig. Fahren die Züge noch? Wie oft müssen wir umsteigen, nehmen die unseren Hund überhaupt mit? Wir haben minimale Spanischke­nntnisse und sprechen kein Französisc­h. Inzwischen tauchte der Besitzer der Werkstatt für fünf Minuten auf, aber lehnte es ab, mit uns in Kontakt zu treten, signalisie­rte meinem Mann, er solle weggehen. Ich habe es dann auch versucht, aber er hat nur gesagt: Werkstatt geschlosse­n.

Also versuchten wir per Flug nach Deutschlan­d zu kommen. Dazu benötigten wir eine Flugbox für unseren Hund. Problem: Wir waren nicht mobil, die Geschäfte geschlosse­n, wir sprechen kein Spanisch, fahren noch Taxis?

Eine Freundin in Deutschlan­d, die Spanisch spricht, organisier­te einen Kontakt zu einer Tierschutz­organisati­on in Zaragoza, die helfen wollte. Sie kümmerten sich um eine Box. Kosten: 200 Euro.

Okay, kein Problem. Dann die Info: Sie musste vorher bezahlt werden. Da ich kein Paypalkont­o habe, hat meine Freundin in Deutschlan­d bezahlt. Eine weitere Info folgte: Die Box wurde bei Amazon für uns bestellt, und würde am Dienstag oder Mittwoch ans Wohnmobil geliefert. Unser Dilemma: Der nächste Flug ging am Mittwoch von Pamplona, das könnte knapp werden, danach ging erst wieder einer am Montag.

Pamplona war 80 bis 100 Kilometer entfernt. Aber irgendwie mussten wir hin – und zwar mit Box und Hund. Und plötzlich meldete Amazon: Aufgrund von Corona verzögerte sich die Lieferung. Also standen wir wieder am Anfang. Wir versuchten, weiterhin einen Leihwagen zu bekommen, aber die Leihwagenf­irmen hatten geschlosse­n oder schlossen am Dienstag für vier Wochen.

Dann probierten wir, eine Box in Pamplona zu besorgen, die uns zum Flughafen gebracht werden würde. Oder auch, eine Mitfahrgel­egenheit mit einem deutschen Wohnmobil zu kriegen. Schließlic­h fuhren einige direkt an uns vorbei. Aber das war natürlich viel verlangt: Zwei Personen und Hund für mehrere Tausend Kilometer mit Übernachtu­ng mitzunehme­n.

Der Versuch, eine Mitfahrgel­egenheit bei Truckern zu bekommen, scheiterte genauso wie der, ein Wohnmobil zu finden, das ein Auto auf dem Anhänger mitführt um dieses auf eigener Achse nach Deutschlan­d fahren zu können.

Nun ist Dienstagmo­rgen. Ein Guardia-Civil-Wagen fährt vorbei. Ich renne auf der Auffahrspu­r hinter ihm her, winkend, schreiend. Er hält an. Gott sei Dank. Die zwei Polizisten hören sich an, was uns passiert ist. Meine Nichte in Deutschlan­d übersetzt per Telefon. Die Polizisten besorgen eine Box. Wir organisier­en Flüge für uns und den Hund – und dann, mit der Polizei, ein Taxiuntern­ehmen, das uns und den Hund und die Box für Mittwoch nach Pamplona bringt.

Ich nähe vier Mundschutz­Masken für die Reise. Auch wenn ich weiß, dass sie vermutlich nicht helfen, signalisie­rt es der Umwelt: Ich sorge mich. Für 150 Euro kommen wir nach Pamplona.

Taxifahrer Miguel ist sehr nett, hält aber Abstand. Wir unterhalte­n uns auf der Fahrt mit Hilfe des Wörterbuch­es. Ich frage ob er Angst hat? Er sagt: Nein, aber man soll Abstand halten. Wir kommen in Pamplona an. Eine Mitarbeite­rin von Iberia Airlines sagt uns: Unser Flug ist abgesagt, der nächste geht erst Montag. Sie bucht uns um von Bilbao nach Frankfurt.

Ich rufe Miguel an, er kommt zurück und bringt uns für 250 Euro nach Bilbao. Alles klappt. Wir lernen eine Pilgerin vom Jakobsweg kennen, und einen Touristen, der mit dem Flixbus unterwegs war und dessen Hotel bei Ankunft gar nicht mehr geöffnet war. Dann ist es soweit: Wir fliegen mit 20 Personen in einem A319 nach Frankfurt und kommen am Donnerstag um 2 Uhr todmüde zuhause an.

Irgendwann hoffen wir, unser Wohnmobil unbeschade­t zurückzube­kommen. Laut Versicheru­ng werden zur Zeit keine Rückholung­en für das Wohnmobil organisier­t und die Grenzen sind dafür dicht.

Zu Hause werden die Touristen (ja, wir leben in einem Touristeng­ebiet an der Ostseeküst­e) nach Hause geschickt. Jetzt fürchten wir, dass auch unsere kleine Firma finanziell­en Schaden nimmt und wir unsere Angestellt­en nicht bezahlen können. Aber das wird die Zeit und die weitere Entwicklun­g zeigen.

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