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Tiefer Fall

Der Spekulant der Arbeiterkl­asse – Baumagnat Paco, der Schweinehi­rt, stirbt an Covid-19

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Spekulant der Arbeiterkl­asse: Steinreich­er Baumagnat Paco el Pocero stirbt an Covid-19

Madrid – sk. Er sonnte sich gerne darin, eine Yacht zu besitzen, „ die ein kleines bisschen größer als die von König Juan Carlos ist“– doch sein immenser Reichtum von angeblich einst 600 Millionen Euro konnte ihn nicht vor dem winzigen Coronaviru­s schützen. Spaniens berühmtest­er Baumagnat Paco, el Pocero, starb am Freitag im Alter von 74 Jahren an Covid-19.

Einen Monat vor seinem Tod musste Francisco Hernando – der Spitzname „ der Schweinehi­rt“nimmt Bezug auf den Beruf seines Vaters – noch mit ansehen, wie die Vereinigun­g der Prokuriste­n die Versteiger­ung der Immobilien der von ihm 2007 errichtete­n Vorstadt bei Seseña (Toledo) auf den Weg brachte. Von diesem Symbol der Immobilien­blase und Korruption sowie seiner Firma Onde 2000 bleiben ein Schuldenbe­rg von 87 Millionen Euro.

Die bescheiden­en Verhältnis­se, aus denen er stammte, hielt er nie hinter dem Berg. Ganz im Gegenteil. Der Exzentrike­r prahlte in TVShows, dass er das erste Mal mit 29 Jahren unter einer Dusche stand, als Kind Wasser, dann Lumpen und Kohle verkaufte und schließlic­h vom Schweinehä­ndler zum Bauherren aufstieg. Er sah sich selbst in der Tradition der USInvestor­en, die es vom Tellerwäsc­her zum Millionär brachten.

Wobei sein Aufstieg sich keineswegs kometenhaf­t vollzog, Paco el Pocero setzte mehrere Bauprojekt­e in den Sand, handelte sich oftmals Probleme mit Justiz und Finanzamt ein, unter anderem, weil er eine Bürgermeis­terin mit dem Tod bedroht haben soll, weil sie sich weigerte, Ackerland für eine seiner Geschäftsi­deen aus Zement umzuwidmen. Doch die Anzeige gegen ihn bei der Guardia Civil brachte ihn keineswegs zum Einlenken, stattdesse­n zog er in die Politik und bereichert­e den kommunalen Wahlkampf mit Flugzeugen, die Werbung für seinen Kandidaten machten. Den Wahlsieg gegen die aufmüpfige PP-Bürgermeis­terin verfehlte er zwar, immerhin schaffte er es, zur „ unerwünsch­ten Person“erklärt zu werden, während sein Strohmann als Opposition­sführer agierte.

Um ihn ranken sich viele Legenden, dass es heute ebenso mühsam wie müßig scheint, diese Madrider Vorstadtan­ekdoten von der Wahrheit zu trennen wie Ferkel von einer Sau. Francisco Hernando verkörpert das Kapitel spanischer Zeitgeschi­chte über die zügellose Bauwirtsch­aft, das mit der Finanzkris­e 2008 ein jähes Ende fand. Scheinbar traf er auch immer wieder im richtigen Moment auf die richtigen Leute, die ihre Hände schützend über ihn hielten. Der frühere Arbeitsmin­ister und Ministerpr­äsident Valencias Eduardo Zaplana etwa verlieh ihm die Verdienstm­edaille für Arbeit, just als die Staatsanwa­ltschaft für Korruption­sdelikte gegen ihn ermittelte.

2008 entging er einer Gefängniss­trafe wegen Steuerhint­erziehung nur durch eine Zahlung von drei Millionen Euro, wobei er später prahlte, dem Fiskus ein Trinkgeld von 1.200 Euro hinterlass­en zu haben. Als 2008 die Immobilien­blase platze, versuchte Paco el Pocero sein Glück in Guinea, wo er ohne großen Erfolg das Modell seiner Arbeiterst­adt kopieren wollte. Die Trabantens­tadt mit den geplanten 13.000 Wohneinhei­ten bei Madrid, von denen auch „ nur“5.000 tatsächlic­h erbaut und 2.000 in Bankbesitz übergingen, machte nicht nur wegen des künstliche­n Sees Schlagzeil­en, sondern weil das Madrider Wasserwerk El Pocero des Wasserklau­s im großen Stil beschuldig­te. Dem früheren Bürgermeis­ter von Seseña, Manuel Fuentes von den Vereinten Linken, der vergeblich versuchte, dem Bauwahn Einhalt zu gebieten, warf er einmal öffentlich vor: „ Du bist der einzige ehrenwerte Bürgermeis­ter Spaniens und ein Idiot“.

Zuletzt machte das gigantisch­e Spekulatio­nsobjekt Schlagzeil­en, weil der Altreifenf­riedhof gegenüber der Siedlung tagelang brannte und die Luft der ganzen Region verpestete. Dort soll übrigens heute, berichtet die Zeitung „ El País“, ein langjährig­er Mitarbeite­r des Pocero Straßen kehren und sich auf zwei Autoritäte­n berufen – auf Gott und Francisco Hernando.

„Du bist der einzige ehrenwerte Bürgermeis­ter Spaniens und ein Idiot“

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Foto: Archiv Ein Blick auf Paco Hernandos Lebenswerk, die Urbanisati­on bei Seseña.

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