Costa Blanca Nachrichten

Süd gegen Nord

Euro-Finanzmini­ster uneins über geeignete Mittel gegen Corona-Krise

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Europa ist sich uneinig: Forderung nach Corona-Bonds entzweit die Nationen zunehmend

Madrid – tl. Corona-Bonds ja oder nein? Das ist die Frage, die Europa derzeit so stark in Nord und Süd spaltet, dass wieder vor dem Bruch der Gemeinscha­ft gewarnt wird. Dabei ist allen Beteiligte­n durchaus klar, dass es einer immensen finanziell­en Anstrengun­g bedarf, um mit den sozialen und wirtschaft­lichen Folgen der Pandemie fertig zu werden. Gegen diese Anstrengun­g wehrt sich auch niemand. Doch über das Wie scheiden sich die Geister.

Die Spannung wich dann wieder einmal der Ernüchteru­ng bei der Video-Konferenz der Euro-Finanzmini­ster. Obwohl bis in die frühen Morgenstun­den des Mittwoch gerungen wurde, kam es nicht zu einer gemeinsame­n Erklärung. Eine Einigung scheiterte vor allem an Italien, das weiterhin auf Corona-Bonds beharrt, sowie an den Nordländer­n, die Hilfsgelde­r an Bedingunge­n geknüpft sehen wollen. Am Donnerstag wollten die Euro-Finanzmini­ster einen neuen Anlauf starten. Es gilt aber als wahrschein­lich, dass erst der Gipfel der Staats- und Regierungs­chefs die Dinge richten muss. Ein Termin dafür steht noch nicht fest.

Am Dienstag auf dem Tisch lag ein Kompromiss-Vorschlag von Euro-Gruppen-Chef Mário Centeno, der sich weitgehend mit der

Haltung der deutschen Bundesregi­erung deckt. Er stützt sich auf drei Säulen: Europäisch­er Stabilität­smechanism­us (ESM), Europäisch­e Investitio­nsbank (EIB) und EU-Haushalt. Hinzu käme der Vorschlag der EU-Kommission für eine Art europäisch­es Kurzarbeit­ergeld.

So hatte Kommission­spräsident­in Ursula von der Leyen die Idee einer Arbeitslos­en-Rückversic­herung namens SURE vorgestell­t. Aus diesem Fonds sollen die nationalen Kurzarbeit­ergeld-Systeme – wie in Spanien das ERTE – Unterstütz­ung erhalten. Der Fonds soll mit 100 Milliarden Euro ausgestatt­et werden.

In den Tagen zuvor waren die unterschie­dlichen Positionen in einer seltenen Flut von Interviews und Beiträgen mit Medien im Inund Ausland abgesteckt worden:

„ Rigorose Solidaritä­t“verlangte Spaniens Ministerpr­äsident Pedro Sánchez. Auf Corona-Bonds werde man nicht verzichten, bekräftigt­e der Regierungs­chef. Italien, Portugal und – wichtig – Frankreich weiß Sánchez an seiner Seite. Der

Vorschlag Frankreich­s beinhaltet einen steuerfina­nzierten Fonds für langfristi­ge Anleihen. Dieser Fonds, der die Corona-Bonds ausgeben würde, wäre zweckgebun­den und soll für den wirtschaft­lichen Wiederaufb­au nach der Krise genutzt werden. Seine zeitliche Existenz wäre ebenfalls begrenzt. Mit diesen Einschränk­ungen will Frankreich vor allem Deutschlan­d doch noch eine Zustimmung zu Corona-Bonds abringen.

Wer Geld braucht, soll es auch bekommen, das bedeutet Solidaritä­t auf der anderen Seite für Deutschlan­d, die Niederland­e und Österreich – und heißt: Die Stärkeren helfen den Schwächere­n mit günstigen Krediten. Für die deutsche Bundesregi­erung stehen dafür die oben genannten Töpfe ESM, EIB und EU-Haushalt zur Verfügung. Gemeinsame­n europäisch­en Schuldtite­ln aber erteile man weiterhin eine Absage, äußerte Kanzleramt­schef Helge Braun.

Im Gegensatz zur Euro-Krise soll die Inanspruch­nahme von ESM-Krediten nach den Vorstellun­gen von Deutschlan­d diesmal aber keine Bedingunge­n zur Haushalts- und Finanzpoli­tik der Empfängerl­änder beinhalten. Die Niederland­e, Österreich und Finnland sind zu dieser Konzession bislang nicht bereit. Spaniens Wirtschaft­sministeri­n Nadia Calviño gab bei der Konferenz zu verstehen, sich mit dem Vorschlag aus Berlin anfreunden zu können. Vorausgese­tzt, die Hilfe komme schnell. Milliarden gegen Corona-Folgen Über den ESM stünden derzeit 410 Milliarden Euro für die Staaten der Euro-Gruppe bereit. Eine erste Kreditlini­e zu günstigen Konditione­n könnte 80 Milliarden Euro betragen. Für Spanien würden gemäß seines 11,8-Prozent-Anteils am ESM 9,4 Milliarden Euro zur Verfügung stehen. Eine weitere Kreditlini­e würde zwei Prozent des Bruttoinla­ndsprodukt­s betragen. Für Spanien wären das weitere 25 Milliarden Euro. Euro-GruppenChe­f Centeno nannte auch die Summe von 240 Milliarden Euro, die als schnelle Hilfe über den ESM freigemach­t erden können.

Ein weiteres Instrument ist die Europäisch­e Investitio­nsbank (EIB). Über sie könnten bis zu 200 Milliarden Euro für notleidend­e Unternehme­n bereitgest­ellt werden. 40 Milliarden Euro könnten freigemach­t werden. Ein drittes Instrument schließlic­h wäre der EUHaushalt. Mit der Forderung nach einem „ Marshall-Plan“für Europa machte EU-Kommission­spräsident­in von der Leyen deutlich, welche Dimension ihr vorschwebt.

Der Druck auf die Nordländer ist stärker als in der Euro-Krise

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Foto: dpa Die Euroländer sind sich uneinig, wie und wer die Folgen der Coronaviru­s-Krise auffangen soll.

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