Die glorreichen Schnapsdrosseln
Fiestagruppe forderte in Jávea an Ostern fast zehn Jahre lang franquistische Machthaber heraus
Jávea – se. Sie nannten sich Los Gloriosos (Die Glorreichen) und ihr Lieblingsgetränk war Absinth, ein Schnaps mit dem Spitznamen „ Grüner Teufel“, der bis zu 90 Prozent Alkohol hatte: Eine originelle Fiesta-Gruppe trieb ab 1947 fast zehn Jahre lang in Jávea an Ostern ihr Unwesen.
Die rund ein Dutzend Mitglieder wandelten eine religiöse Tradition in eine sehr weltliche um. Sie zogen nach der Auferstehungsmesse am Ostersonntag von Haus und Haus. Doch statt mit frommen Gesängen von der Auferstehung Christi zu künden, sangen sie freche Lieder, in denen sie die weltlichen Machthaber kritisierten. Musikalische Satire, die man aus anderen spanischen Landesteilen eher von Fasching kennt – der allerdings damals, während der Franco-Diktatur verboten war.
Ihre Ergüsse hielten Los Gloriosos auch auf Flugblättern fest. Da schimpften sie auf die Unterdrückung, die Zensur, die Willkür, die Vetternwirtschaft und viele weitere dunkle Seiten der Diktatur. Als Lohn forderten sie dann ein Gläschen Absinth – eines an jedem Haus, weshalb sie völlig betrunken endeten. Jáveas Kulturstiftung Cirne hat diese Geschichte aufgearbeitet, einige Flugblätter und Fotos ausgegraben und wollte vor Ostern ein Büchlein über die berühmten Los Gloriosos veröffentlichen. Die Coronavirus-Krise hat ihr aber einen Strich durch die Rechnung gemacht und nun soll das Werk – mit etwas Glück– im kommenden Mai herauskommen.
„ Jávea war zwar schon immer ein sehr religiöser Ort, doch im Land Valencia hat die Osterwoche generell nicht so große Bedeutung und ist vor allem nicht so düster und spektakulär wie zum Beispiel in Andalusien“, berichtet Stadthistoriker Ximo Bolufer. „ Es gab und gibt in Jávea eine Prozession und den Kreuzweg am Karfreitag, in der Kirche wurden bestimmte Figuren nach dem Kreuzestod abgedeckt und auch die Glocken schwiegen.“
Doch im Grunde habe der fröhliche Teil des Festes in dem Küstenort mehr Bedeutung für die
Leute gehabt. „ Am Sonntag nach der Auferstehung ging man aufs Land, bereitete Paellas zu und aß süßes Mona-Hefegebäck mit einem gekochten Ei in der Mitte. Außerdem war es an Ostern damals sehr typisch, sich ein Liebchen anzulachen.“Diese Festtagsstimmung habe sich bis zum Dienstag nach Ostern hingezogen.
Den Machthabern im Bund mit der katholischen Kirche war so viel Fröhlichkeit natürlich ein Dorn im Auge. „ Sie deckelten alles mindestens bis zum Ostersonntag“, berichtet der Historiker. „ Da musste Trauer und Stille herrschen
– ja man durfte nicht einmal das Radio einschalten.“
Paella, süßes Mona-Gebäck und ein Oster-Liebchen