Atmen mit Scheibenwischer-Motor
Beatmungsmaschinen selbst gemacht: Von der Taucherbrille bis zu Autoteilen
Cartagena – sg. Beatmungsgeräte sind Lebensretter. Sie übernehmen das Atmen für die Patienten, die schwer an Covid-19 erkrankt sind, bis sich ihre Lungen wieder erholt haben. Doch Beatmungsgeräte sind derzeit Mangelware. Industrie, Forschung und Technik sind gefragt, so schnell wie möglich Atemmaschinen zu entwerfen und zu produzieren.
Auch Arbeitsgruppen aus dem Bereich Industriedesign an der Polytechnischen Universität von Cartagena UPCT sind mit dabei. Sie machen aus Tauchermasken mit Schnorchel mit Hilfe eines 3D-Druckers Beatmungsgeräte, die den Patienten beim Atmen helfen und die Pfleger vor Ansteckung schützen. Gemeinsam mit dem Rathaus von Cartagena hat die UPCT eine Sammelaktion gestartet und bittet die Bevölkerung, Tauchermasken des französischen Sportartikelherstellers Decathlon zu spenden.
Gesucht werden Masken der Marke Easybreathe, die das gesamte Gesicht bedecken und in die ein Schnorchel eingebaut ist. Die Masken können in einer verschlossenen Plastiktüte verpackt in Apotheken abgegeben werden. Dort werden sie abgeholt und in den Labors der Uni bearbeitet.
Die Verwandlung der Tauchermaske in ein Beatmungsgerät besteht darin, mit Hilfe eines Ventils aus dem 3D-Drucker über den Schnorchel Atemluft einzuleiten. Für Pfleger werden die Masken mit Filtern ausgestattet, die saubere Luft garantieren sollen.
Auch die Autoindustrie zeigt sich erfinderisch und arbeitet an einer Beatmungsmaschine. Eine Gruppe von 150 Ingenieuren des Seat-Werkes in Martorell in Barcelona hat inzwischen 13 Prototypen entwickelt. Der Clou: Die Geräte werden mit dem Motor für die Scheibenwischeranlage des Seat León angetrieben und bestehen aus 80 verschiedenen elektronischen und mechanischen Autoteilen. Die Apparate werden auf dem Fließband gefertigt, über das vor Kurzem noch Teile für Fahrgestelle der Seat-Autos liefen.
Derzeit wird ein Prototyp mit angepasstem Wischermotor und Teilen des Schaltgetriebes aus dem 3D-Drucker getestet. Gesundheitsminister Salvador Illa (PSOE) kündigte an, die Seat-Beatmungsgeräte nach der Genehmigung durch die Zulassungsstelle für Arzneimittel und Medizinprodukte in den Krankenhäusern einzusetzen.
Das alles hört sich beruhigend an. Doch ganz so einfach scheint es nicht zu sein, wie der ehemalige Leiter der Intensivstation eines Krankenhauses im Baskenland, Patxo García Urra, dem Radiosender Ser erklärte. Es gebe verschiedene Typen von Beatmungsgeräten für Patienten mit leichter Atemnot. Ihnen werde durch Masken oder Kanülen mit Sauerstoff angereicherte Luft zugeführt, die sie selbst einatmen könnten.
In schweren Fällen müsse der Patient jedoch intubiert werden. Dabei werde eine Sonde über den Mund oder die Nase in die Luftröhre eingebracht und das Atmen von außen übernommen wird.
Und hier wird es schwierig. Die Geräte müssen absolut präzise arbeiten, eine bestimmte Menge an Luft und Sauerstoff in die Lunge pumpen und überschüssiges Gas wieder abführen, angepasst an die Bedürfnisse jedes einzelnen Patienten. Genau diese hochtechnologischen, teuren Maschinen werden auf den Intensivstationen dringend gebraucht, um Leben zu retten, sagte García Urra. Die Herstellung dauere mehrere Wochen. Er wies ebenfalls darauf hin, dass es mit dem Kauf der Maschinen nicht getan sei. Die Bedienung der komplizierten Apparate erfordere ein geschultes Personal. Niemand kaufe 300 Flugzeuge, ohne Piloten zu haben, sagte García Urra.
Niemand kauft 300 Flugzeuge ohne Piloten, die sie steuern