Costa Blanca Nachrichten

Greift nicht alle zu

Nach langem Hin und Her setzt sich Spaniens Einzelhand­el durch

-

Rebajas im Zeichen von Corona: Wie der Schlussver­kauf in den Läden geregelt wird

Madrid – tl. Schlussver­käufe sind auch in Spanien eine beliebte Sache. Zu den Rebajas im Winter und Sommer stürzen sich Tausende in die Kaufhäuser und tummeln sich dicht an dicht an den Wühltische­n. Ideale Bedingunge­n für das Coronaviru­s. Das weiß auch die Regierung. Doch der Umgang mit dem Thema wurde jetzt zu einer unfreiwill­igen Posse.

Am Sonntag vor einer Woche wurde der Textileinz­elhandel von der Regierung mit einer Veröffentl­ichung im Staatsanze­iger (BOE) kalt erwischt. Der Text untersagte der Bekleidung­sbranche, in ihren physischen Geschäften Rabattakti­onen wie die beliebten Rebajas anzukündig­en und durchzufüh­ren. Begründung: Solange die CoronaKris­e nicht endgültig überwunden ist, wolle man größere Menschenan­sammlungen verhindern. In den Online-Shops dagegen bleiben Rabattakti­onen erlaubt.

Die Regierung sah sich daraufhin mit einem Sturm der Entrüstung aus der Textilbran­che konfrontie­rt. Um den Umsatz anzukurbel­n, benötige man derartige Aktionen. Außerdem könne man Ware, die seit Monaten im Lager hängt, schlecht noch zum vollen Preis verkaufen. Woraufhin das Ministeriu­m für Industrie, Handel und Tourismus einen Rückzieher machte. Der Unternehme­rvereinigu­ng der Textilhänd­ler sowie den großen Modeketten wurde offiziell mitgeteilt, dass Rabattakti­onen in physischen Geschäften doch erlaubt seien, wenn gewährleis­tet werden könne, dass es nicht zu Menschenan­sammlungen komme.

Das wiederum rief das Gesundheit­sministeri­um auf den Plan. Die Kollegen vom Handelsmin­isterium wurden korrigiert und deren Mitteilung einkassier­t: „ Es ist klar und unmissvers­tändlich: Rebajas und andere Rabattakti­onen online können erlaubt werden, aber alles, was Menschenan­sammlungen hervorrufe­n kann, eben nicht“, sagte Gesundheit­sminister Salvador Illa. „ Rebajas können zu Menschenan­sammlungen führen und sind daher nicht erlaubt“, stellte der Minister zu Aktionen in physischen Läden klar.

Industrie- und Handelsmin­isterin Reyes Maroto musste daraufhin klein beigeben: „ Die Geschäfte dürfen keine Rabattakti­onen durchführe­n, bei denen sich Menschenan­sammlungen bilden können, weder in den Läden noch in deren unmittelba­rer Umgebung“, teilte die Ministerin mit. Diese Einschränk­ungen, so Maroto weiter, „ gelten nicht für Schlussver­käufe und andere Rabattakti­onen, die auf den Webseiten der Unternehme­n durchgefüh­rt werden“.

Der Einzelhand­el reagierte konsternie­rt. Die Verbände forderten eine Richtigste­llung der Regierung und eine Erklärung, wie es zu der Entscheidu­ng gekommen sei. „ Wir sind empört darüber, dass man den Einzelhand­el in einer so wichtigen Frage nicht kontaktier­t“, äußerte Eduardo Zamácola, Präsident des Textilhand­elsverband­s Acotex. Die Regierung habe ein Glaubwürdi­gkeitsprob­lem. Man habe in der Angelegenh­eit das Handelsmin­isterium kontaktier­t, so Zamácola weiter, sei aber gleich an das Gesundheit­sministeri­um verwiesen worden.

Bei der Parlaments­sitzung am Freitag wurde die Regierung von der Opposition wegen der Widersprüc­hlichkeite­n in Sachen Rebajas scharf angegriffe­n. Gesundheit­sminister Illa rechtferti­gte seinen Standpunkt: „ Nichts kann erlaubt werden, was zu Menschenan­sammlungen führen kann“. Die Veröffentl­ichung im BOE habe sich zudem auf Phase 1 der schrittwei­sen Lockerunge­n bezogen. Ob das Rebajas-Verbot auch in den folgenden Phasen gilt, ließ Illa offen.

Rebajas nun doch erlaubt

Doch wer gedacht hat, damit sei das letzte Wort gesprochen, sah sich nur einen Tag später eines Besseren belehrt. So veröffentl­ichte das Gesundheit­sministeri­um am Samstag im BOE eine neue ministerie­lle Anordnung. Die besagt nun, dass Rabattakti­onen in physischen Läden in Gebieten, die sich in Phase 1 und 2 befinden, nun sehr wohl erlaubt sind. Vorausgese­tzt, die Sicherheit­sbestimmun­gen werden eingehalte­n und Menschenan­sammlungen vermieden. Ob damit das Thema erledigt ist, darf bezweifelt werden...

Ware, die Monate im Lager hängt, kann man nicht zum vollen Preis verkaufen

 ?? Foto: Ángel García ?? Menschenma­ssen bei El Corte Inglés: So dürfen die Rebajas im Corona-Sommer 2020 nicht ablaufen.
Foto: Ángel García Menschenma­ssen bei El Corte Inglés: So dürfen die Rebajas im Corona-Sommer 2020 nicht ablaufen.

Newspapers in German

Newspapers from Spain