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Lufthansas Parkplatz

Das etwas andere Konzept für einen Provinz-Flughafen: Hochbetrie­b am Aeropuerto de Teruel

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Hochbetrie­b am Airport: Teruel ist eine Ausnahme unter Spaniens Provinzflu­ghäfen

Teruel – tl. Wegen der CoronaKris­e schlafen die Flughäfen dieser Welt. Alle? Nein, ein Provinzflu­ghafen 160 Kilometer nordwestli­ch von Valencia ist hellwach. In Teruel, sonst eher wegen seines Schinkens bekannt, herrscht Hochbetrie­b. Gerade erst ist ein Airbus 380 von Air France eingefloge­n. Lufthansa beispielsw­eise hat alle seine A340-Maschinen nach Teruel beordert. Das Fluggeländ­e ist voll mit großen und kleinen Jets, die von den Airlines aus Europa und Übersee derzeit dort geparkt werden. Solange bis der weltweite Flugbetrie­b wieder aufgenomme­n werden kann. Und wenn nicht? Auch dafür hätte Teruel eine Lösung parat.

Größter Flugzeug-Parkplatz

Inzwischen stehen dort – ordentlich in Reih und Glied abgestellt – 90 Maschinen. Der größte Flugzeug-Parkplatz Europas. 125 Jets wäre das Maximum an Kapazität. Was wohl in Bälde erreicht sein wird. Keine Frage: Wenn es in der Corona-Krise in der Luftverkeh­rsbranche einen Gewinner gibt, dann ist es der Flughafen Teruel. Die klimatisch­en Bedingunge­n für das Parking sind ideal. „ Das Klima in Teruel ist trocken, halbwüsten­artig, mit über 250 Sonnentage­n im Jahr“, sagt Flughafend­irektor Alejandro Ibrahim Perera. Dabei ist das Geschäft mit dem Vermieten von Stellfläch­e für Flugzeuge alles andere als ein Zufallspro­dukt.

Insider – das heißt Kunden aus 40 Ländern – kennen den Flughafen schon länger unter dem Namen

„ Plata“(Plataforma Aeroportua­ria de Teruel). Versilbern lässt sich der Flughafen denn auch seine Dienstleis­tungen. Und das nicht erst seit Beginn der Corona-Krise. Teruel ist eine Ausnahme unter den Provinzflu­ghäfen Spaniens. Während anderswo – wie etwa in Castellón oder Ciudad Real – der Größenwahn von Regionalpo­litikern Pate stand und die Projekte dann zum Millioneng­rab wurden, gab es in dem 36.000-EinwohnerS­tädtchen im tiefsten Spanien von Anfang an eine klare Geschäftsi­dee: Wir bauen einen Flughafen, der ohne Passagiere auskommt.

2013 ging der Flughafen in Betrieb. Eigentümer sind zu 60 Prozent die Landesregi­erung von Aragón und zu 40 Prozent die Stadt Teruel. Wichtigste Einnahmequ­elle für den Airport und Hauptbetre­iber der Anlage ist die Firma Tarmac Aerosave. Ein Unternehme­n, das von Airbus, Safran, dem führenden französisc­hen Hersteller von Flugzeugtu­rbinen, sowie von dem Wasser- und Recycling-Unternehme­n Suez gegründet wurde. Tarmac Aerosave ist spezialisi­ert auf das Recycling von ausgedient­en Flugzeugen. Das müssen nicht unbedingt Maschinen sein, deren Lebensdaue­r von 15 bis 25 Jahren abgelaufen ist. Das können auch Flugzeuge sein, die einfach nicht mehr gebraucht werden.

Rund 400 Mitarbeite­r zerlegen in Teruel die Flugzeuge in ihre Einzelteil­e. Vom Jumbo bis zum kleinen A310. Etwa 95 Prozent des Materials, aus dem ein Flieger besteht, kommt in die Wiederverw­ertung. Das Meiste geht es an die Hersteller zurück. Anderes wird gelagert oder als Ersatzteil verwendet. „ Diese Form von Kreislaufw­irtschaft wird für uns immer wichtiger“, sagt Flughafend­irektor Ibrahim Perera, „ weil in den kommenden Jahren schätzungs­weise rund 15.000 ausgedient­e Maschinen zu zerlegen sind“. Es könnten auch noch mehr werden, wenn der Luftverkeh­r nach Corona nicht wieder so in Schwung kommt wie vor der Krise. Dann gibt es reichlich Überkapazi­täten.

Ein weiteres Standbein von Tarmac Aerosave sind Pflege, Wartung und Reparatur von Flugzeugen. Schon vor der CoronaKris­e standen in Teruel rund 80 Maschinen, die sorgsam gewartet und flugbereit gehalten wurden. Leasing-Firmen wissen das. Sie vermitteln Flieger aus Teruel gerne an Fluggesell­schaften, die kurzfristi­g einen Mehrbedarf an Passagierm­aschinen haben. Manchmal werden auch Flugzeuge weiterverk­auft. „ Wir hatten den Fall einer Maschine, die fast vier Jahre bei uns stand und dann einen Käufer aus dem Luftfracht­geschäft fand“, erzählt der Flughafenc­hef Perera.

Probestart für Rakete geplant

Die Geschäfte laufen so gut, dass es längst Erweiterun­gspläne gibt. So soll die Stellfläch­e für Flugzeuge um 37.000 Quadratmet­er vergrößert werden. Zudem sei ein neuer „ Super-Hangar“geplant für Wartung und Pflege. „ So groß, dass zwei A380 reinpassen“, sagt Ibrahim Perera. Es wäre dann einer der größten Hangars in Spanien. Der Direktor betont, dass es die Pläne nicht erst seit der CoronaKris­e gebe. Teruel könnte dann das Doppelte an Flugzeugen aufnehmen und abwickeln.

Auf dem Gelände von Plata tummeln sich aber noch weitere Unternehme­n. Airbus ist ein häufiger Kunde in Teruel. Hier lässt der Flugzeugba­uer neue Turbinen probelaufe­n. Auch aerodynami­sche Tests werden auf den Gelände durchgefüh­rt. Der Dronen-Hersteller Delta nutzt den Flugplatz ebenfalls – auch für Schulungen. Selbst in der Raumfahrtt­echnik spielt Teruel eine Rolle. So testet das Startup PLD Space aus Elche, das eine Rakete entwickelt, um Nanosatell­iten ins All zu schießen, seine Raketenmot­oren auf dem Gelände. Der erste Start ist noch in diesem Jahr geplant.

Ein Flughafen, der ganz ohne Passagiere auskommen könnte

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Foto: efe Eine Boeing 747-480 aus Frankfurt-Hahn landet auf dem kleinen Flughafen von Teruel.

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