Regionales Stein auf Stein: Opposition befürchtet Bauspekulation durch neues Bodengesetz in Andalusien
Landesregierung will Bausektor reaktivieren – Opposition befürchtet urbanistische Spekulation
Sevilla – jan. Die andalusische Regierung meint, eine Zauberformel zur Lösung der Corona-Krise gefunden zu haben. Zumindest versichert sie, mit ihr die Ökonomie der Autonomen Gemeinschaft wiederbeleben, die Misere auf dem Arbeitsmarkt überwinden und den einstigen Wohlstand wiederherstellen zu können. Die Zauberformel ist ein neues Bodengesetz.
Das geplante Gesetz (Ley de Impulso para la Sostenibilidad del Territorio de Andalucía, kurz Lista) soll in erster Linie die behördlichen Verfahren für urbanistische Projekte verkürzen und vereinfachen. Mit der Ausarbeitung war das Bauministerium im Mai 2019 bereits beauftragt worden. Am Montag dieser Woche hat das Kabinett nun die parlamentarische Abwicklung eingeleitet.
Behördliche Auswüchse
Lista ersetzt das aktuell geltende Bodengesetz (Ley de Ordenación Urbanistica de Andalucía, kurz Loua). Dieses sei in den 18 Jahren, die es in Kraft ist, elf Mal modifiziert worden, was der andalusischen Bauministerin Marifrán Carazo zufolge den Gemeinden, aber auch den Bürgern eine Rechtsunsicherheit beschert habe. Lista wird indes nicht nur Loua abschaffen, sondern noch drei weitere Gesetze und drei Dekrete mit Regelungen zum Urbanismus. Zudem werden noch Teile von 16 weiteren Gesetzen sowie drei Dekrete ihre Wirksamkeit verlieren. Und zwar stets mit dem Ziel, das laut Carazo vorherrschende administrative Wirrwarr zu reduzieren.
Das neue Bodengesetz soll klare und einfache Regeln schaffen, nahezu alle Vorgaben in einem Gesetzestext zusammenfassen und die Normflut um etwa 30 Prozent reduzieren. Dabei sollen das Primat der ökonomischen, sozialen und ökologischen Nachhaltigkeit gewährleistet bleiben und die Küste sowie schützenswerte Landschaften weiterhin von einer Bebauung verschont bleiben.
Die Einschätzungen der Bauministerin teilt Rodrigo Sánchez, Abgeordneter der oppositionellen PSOE im andalusischen Landtag in keinster Weise. Er glaubt vielmehr, dass die Regierungskoalition von PP und Ciudadanos mit ihrem Mantra des Bürokratieabbaus und der Beschleunigung administrativer Prozesse lediglich der urbanistischen Spekulation Tür und Tor öffnen wolle. Wofür sie obendrein die Covid-19-Pandemie als Rechtfertigung missbrauche.
Kontrollen abschaffen
Seit acht Monaten habe das Kabinett mehrmals das aktuell geltende Bodengesetz Loua modifiziert, und zwar stets, um Hürden für einen ausufernden Urbanismus zu beseitigen. Die wahre Absicht des neuen Bodengesetzes sei die Abschaffung von Kontrollmechanismen, um etwa Projekte zur Errichtung von Golfurbanisationen zu begünstigen oder auch eine Bebauung im Umfeld kulturhistorischer Stätten zu ermöglichen.
Anstatt sich in der gegenwärtigen sanitären, ökonomischen und sozialen Krise um die Arbeitslosen, die Selbständigen und Kleinunternehmer oder um die Probleme der medizinischen Fachkräfte zu sorgen, widme sich die andalusische Regierung einem neuen Gesetz, mit dem lediglich die privaten Interessen von Bodenspekulanten bedient würden.