Grüne Hoffnung
Entwurf für Klimawandel-Gesetz geht ans Parlament – „Qualitative und krisensichere Arbeitsplätze“
Klimawende im Süden: Die Regierung hat den Entwurf eines Gesetzes zum Klimaschutz ans Parlament übergeben. Es ist einer der ehrgeizigsten in ganz Europa und soll Spaniens Wirtschaft in Post-Corona-Zeiten einen „ grünen Wiederaufbau“bei der Energiewende ermöglichen.
Madrid – tl. Spanien ist in Europa das Land, das am schwersten vom Klimawandel betroffen sein wird. Auch wenn sich derzeit alles um Corona dreht, will die Regierung diese schlechten Zukunftsaussichten nicht aus dem Blick verlieren. So wurde der Entwurf eines Gesetzes zum Klimawandel und zum energetischen Übergang ans Parlament übergeben, wo nun die Anhörung startet. Stellvertretende Ministerpräsidentin und Ministerin für ökologischen Übergang, Teresa Ribera, sieht das Gesetz aus ihrem Haus sogar als Chance für die Post-Corona-Zeit, um die spanische Wirtschaft neu auszurichten. Da schwingt viel von Green Deal“mit.
Seit Jahrzehnten warnen Wissenschaftler vor den Folgen des Klimawandels: Hitzewellen, Verwüstung, Dürre, verschwindende Strände und Überschwemmungen. Alles schon gehabt. Doch passiert ist nichts. Bis Ribera, die schon eine der treibenden Kräfte in der spanischen Umweltpolitik ist, sich als Ministerin der Sache annahm. Herausgekommen ist ein ehrgeiziger Entwurf, der Spanien in die Spitzengruppe der Länder bringen könnte, die dem Klimawandel ernsthaft begegnen wollen.
Ribera will mehr als nur eine bindende Norm, damit in Spanien die internationalen Verpflichtungen in Sachen fossiler Energieträger und Treibhausgase wie etwa das Klimaabkommen von Paris erfüllt werden. Ihr geht es um einen grünen Wiederaufbau“, der die Wirtschaft aus der Corona-Krise führen kann. Die Ministerin weiß mit dieser Ausrichtung nicht nur die Umweltschützer hinter sich. Auch führende internationale Unternehmen und Finanzinstitute, die
EU-Kommission sowie eine Reihe von europäischen Ländern halten einen Green Deal“für ein gutes Mittel, um aus der Krise zu kommen und einen ökologischen Umbau der Wirtschaft einzuleiten.
In der Präambel des Klimawandel-Gesetzes betont Ribera, dass der energetische Übergang zwischen 2021 und 2030 in Spanien Investitionen in Höhe von 200 Milliarden Euro bewegen wird. Bis 2030 würden im Zuge der Umsetzung der Klimaziele zudem bis zu 300.000 neue Arbeitsplätze entstehen. Qualitative und krisensichere Arbeitsplätze“, wie die Ministerin betonte. Ribera versteht das Gesetz als Signal an die Jugend: Es kann nicht sein, dass die jungen Leute Hypotheken erben, die ihnen gar nicht obliegen.“
Der Gesetzesentwurf benennt auch Ziele: Als langfristiges Vorhaben gilt Klimaneutralität bis 2050. Das bedeutet: Die Balance zwischen Treibhausgas-Emission und Treibhausgas-Absorbierung beispielsweise durch Wälder soll ausgeglichen sein. Als mittelfristiges Ziel wird die Reduzierung der Emissionen um 20 Prozent bis 2030 genannt, ausgehend vom Ausstoß des Jahres 1990. Angestrebt werden aber mindestens 23 Prozent. Dieses Ziel steht auch im bereits beschlossenen und nach Brüssel gemeldeten Nationalen Plan für Energie und Klima, der den Kohleausstieg in Spanien definiert.
Was den Energie-Endverbrauch Strom und Transport anbetrifft, so soll er bis 2030 um 35 Prozent sinken. Im selben Jahr, so der Plan, werden erneuerbare Energien einen Anteil von 70 Prozent an der Stromproduktion haben, 2050 dann zu 100 Prozent. Auch der Straßenverkehr, der in Spanien für 25 Prozent des CO2-Ausstoßes steht, muss seine Emissionen senken. Für 2040 wird kein konkretes Ziel gesetzt. Für 2050 sollen Pkw und Lieferwagen CO2-frei sein. Damit wäre dann auch der Zeitpunkt für das Aus des Verbrennungsmotors beschlossen.
Zum Thema fossile Brennstoffe: Ist das Klimawandel-Gesetz in Kraft, sind sowohl Erschließung als auch Ausbeutung von Kohlelagern sowie Erdöl- oder ErdgasQuellen darunter auch das umstrittene Fracking untersagt. Zudem müssen sich Behörden und Institutionen des öffentlichen Sektors aus allen Beteiligungen und Finanzierungen zurückziehen, die mit fossilen Brennstoffen zu tun haben. Die Regierung habe dazu einen Ausstiegskalender zu formulieren, heißt im Gesetzesentwurf.
Den beiden Insel-Regionen Balearen und Kanaren wird das Gesetz zugestehen, weiterreichende Maßnahmen gegen den Klimawandel zu ergreifen. So würde der Balearen-Regierung beispielsweise wie geplant erlaubt werden, ab 2025 keine Diesel-Neuzulassungen auf den Inseln mehr zu erlauben. Und ab 2035 dann überhaupt keine Fahrzeuge mehr mit Verbrennungsmotor.
„Die jungen Leute dürfen keine Hypotheken erben, die ihnen gar nicht obliegen.“