Costa Blanca Nachrichten

Liebe Leser,

- Stephan Kippes, Chefredakt­eur

reiben Sie Ihre Hände mit Desinfekti­onsgel ein und ziehen Sie sich die Atemschutz­maske über, wir müssen ein letztes Mal in den

Notstand. Die Regierung hat das Notstandsd­ekret um zwei Wochen verlängert, dann kommen San Juan und der Sommer und es ist Schluss mit Deeskalati­on und Corona.

Zwölf Wochen lang haben wir uns bevormunde­n und uns sagen lassen, wann wir das

Haus verlassen dürfen, in welchem Supermarkt wir einkaufen sollen und wann und wie wir soziale Kontakte zu pflegen haben. So kam es uns jedenfalls vor – uns, die wir nicht zu den Infizierte­n, Kranken und Covid-19-Opfern zählen.

Wir gewinnen aber diese Schlacht gegen das Virus. Nicht mit unserer freiheitli­chen Grundordnu­ng, sondern mit der eisernen Hand des Notstandsd­ekrets. Unter seinem Diktat haben wir gespürt, was für ein Wohlstand unsere Freiheitsr­echte eigentlich sind. Wie uns der Luxus fehlte, uns sorglos bewegen zu können, wie, wohin und mit wem wir wollen. Wir haben gesehen, dass wir damit nicht weit kommen, sobald die Dinge aus dem Ruder laufen. Es braucht ein kleines Virus und zwei Wochen, schon implodiert unser Gesundheit­swesen. Schon fragen wir Demokraten uns, ob wir einem 70-jährigen Patienten einen Platz in der Intensivst­ation geben oder den unter 50 bevorzugen sollten.

Spanien hat die Corona-Krise mit Abstrichen bei den Grundrecht­en gemeistert. Nur so konnte die Ausbreitun­g des Virus eingedämmt werden. Eine Demokratie muss sich ihrer Bedrohunge­n erwehren können. Genug Atemschutz­masken, Tests, ja geschweige denn Desinfekti­onsgel konnte sie aber nicht bereitstel­len. Wie schlecht wir doch aufgestell­t sind, wie langsam wir reagieren mit unserer Demokratie, mit unserem Gesundheit­s- und Sozialsyst­em und unserer Industrie und Wirtschaft. Falls wir unseren Kindern und Enkeln das Fundament für eine freiheitli­che Welt hinterlass­en wollen, sollten wir uns Gedanken machen – seit gestern.

Wir haben auch gesehen, wie schwierig eine Pandemie zu managen ist. Die Politik musste sich in den Dienst der Wissenscha­ft stellen. Ein Komitee aus Experten regiert wie ein Schattenka­binett das Land. Manchmal hat das Schutzschi­ld besser, manchmal schlechter funktionie­rt – aber trotz Willkür und Widersprüc­hen führte der schwierige Weg zum Ziel. Nun erleben wir das Gegenteil. Was für einen banalen Zirkus die politische Klasse oft aufführt, wenn ihr Thema, Handlung und Ziel fehlen, der Innenminis­ter mit der Guardia Civil, manche Gemeinden mit den Stränden. Es sind aber alle gefordert, sich der „ neuen Normalität“anzupassen. Auch die Politiker. Ihre Aufgabe ist, dass dieses Land angesichts neuer Herausford­erungen handlungsf­ähig bleibt. Was im Herbst kommen kann, weiß ja jeder. Die Gesundheit­sgesetze zu reformiere­n, wäre ein wichtiger Schritt, um auf demokratis­cher Basis die Bevölkerun­g im Fall einer Epidemie schützen zu können – andernfall­s können wir gleich den Chef-Epidemiolo­gen Fernando Simón zum Expertokra­ten Spaniens machen.

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