Kolonialmachtträume des Diktators
Am 14. Juni 1940 besetzte das spanische Militär die bis dahin unter internationaler Verwaltung stehende Stadt Tanger im heutigen Marokko. Der damalige Diktator Francisco Franco nutzte den Umstand, dass die weltweite Aufmerksamkeit an jenem Tag auf den Einmarsch der deutschen Truppen in Paris gerichtet war.
Das Gebiet des Königreichs Marokko, das erst 1956 seine Unabhängigkeit erlangen sollte, war damals in ein größeres französisches und zwei kleinere spanische Protektorate entlang der nördlichen Küste sowie an der südlichen Grenze zur West-Sahara aufgeteilt. Die Stadt Tanger indes befand sich seit 1923 als neutrales Territorium unter der Obhut gleich mehrerer europäischer Länder.
Einige Monate nach der Besetzung Tangers, im November 1940, gliederte Spanien die Stadt in ihr Protektorat in Marokko ein. Ein Protest der Westmächte blieb aufgrund ihrer dringenderen Sorgen mit dem Zweiten Weltkrieg aus, während Nazi-Deutschland die Annexion formell anerkannte.
Die Pläne Francos zielten darauf ab, eine Vormachtstellung in
Nordafrika zu erringen und Spanien zur Kolonialmacht zu machen, wofür er auf eine Unterstützung Hitlers hoffte, die ihm jedoch verwehrt bleiben sollte. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs zog Spanien auf den Druck der siegreichen Alliierten hin seine Soldaten wieder aus Tanger ab. (jan)