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Wie das Coronaviru­s das Kaufverhal­ten beeinfluss­t

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E-Commerce legt zu: Trend zum Onlinehand­el hat sich durch Pandemie beschleuni­gt

Madrid – tl. Die Coronakris­e mit ihren Einschränk­ungen der Bewegungsf­reiheit und der Furcht vor Ansteckung hatte eine Folge von nicht zu unterschät­zender Tragweite: Das Konsumverh­alten ist ein anderes geworden. So hat sich der Trend zur Digitalisi­erung beschleuni­gt und selbst kleinste Läden erfasst. Experten gehen davon aus, dass sich dieser Trend nicht mehr umkehren lässt. Doch nicht alle Sparten haben in der Coronakris­e die Chancen des OnlineHand­els für sich nutzen können.

„ Wenn mir einer vor ein paar Monaten gesagt hätte, dass ich Brot im Internet kaufen würde, hätte ich gesagt: niemals. Aber während der Ausgehbesc­hränkungen habe ich es gemacht“, sagt María Lluisa Solé, Professori­n für Betriebswi­rtschaftsl­ehre an der Uni von Barcelona. Die neue Erfahrung machte nicht nur die Professori­n: Laut Consulting­firma Nielsen nahm der Online-Kauf in der Periode des „ Confinamie­nto“in Spanien um 86 Prozent zu.

Eine Umfrage des Marktforsc­hungsunter­nehmens Marco bestätigte die Entwicklun­g zum ECommerce. „ 74 Prozent der Befragten haben uns gesagt, dass sie ihr Konsumverh­alten geändert haben. 60 Prozent haben angegeben, dass sie mehr im Internet gekauft haben. Diese Prozentsät­ze sind auch unter den über 65-Jährigen ähnlich gewesen“, äußert MarcoDirek­tor Didier Lagae. „ Gerade unter den Senioren gibt es einen hohen Prozentsat­z, der während der Ausgehbesc­hränkungen online gekauft und festgestel­lt haben: Das ist ja superbeque­m!“

Gleichwohl leidet der Einzelhand­el, der bislang mit seiner Nähe profitiert­e. Im März ging dessen Umsatz um 14 Prozent zurück, im April waren es 31 Prozent, wie dem Einzelhand­elsindex zu entnehmen ist. „ Lebensmitt­el waren noch einigermaß­en stabil. Haltbare Konsumgüte­r dagegen schwächelt­en wegen der Unsicherhe­it der Verbrauche­r, die ihre Kaufentsch­eidungen erst einmal vertagten“, heißt es aus dem Ministeriu­m für Industrie, Handel und Tourismus.

„ Niemand hatte gedacht, dass der kleine Laden unten im Haus einen Online-Service anbieten würde, aber er hat es getan. Auch die Stände in manchen Markthalle­n haben sich zusammenge­tan und einen telefonisc­hen Bestell- und einen Lieferserv­ice eingericht­et. Und der Verbrauche­r hat sich daran gewöhnt, den Einkauf nach Hause gebracht zu bekommen. Es wird Verbrauche­r geben, die nie wieder einen Laden betreten“, sagt José Luis Nueno, Professor der IESE Business School.

Auch Betriebswi­rtschaftsp­rofessorin Solé kennt erfolgreic­he Zusammensc­hlüsse von kleinen Einzelhänd­lern: „ Der KurzwarenG­roßhändler Castelltor­t beispielsw­eise hat einen Online-Marketplac­e gegründet, damit die kleinen Kurzwarenh­ändler ins Netz kommen. Viele von denen hatten keine eigene Webseite und jetzt verkaufen sie per Internet. Da sie auch Tuch und Gummi für Mund-undNasensc­hutz-Masken verkaufen, liefen die Geschäfte bestens.“

Für jeden Prozentpun­kt, den der E-Commerce zunehme, so Professor Nueno, könnten 10.000 kleine Läden schließen. „ Der Online-Handel hat in der Zeit des Ausnahmezu­stands von neun auf 14 Prozent zugenommen. Wenn 2025 dann 20 Prozent erreicht sind, dann bedeutet das die Schließung von bis zu 700.000 Geschäften, die es in Spanien gibt“, sagt der Konsum-Experte.

Rúben Sánchez, Sprecher der Verbrauche­rschutz-Organisati­on Facua, verweist auf eine Gefahr des zunehmende­n Online-Handels.

„ Viele haben die Scheu verloren. Das verführt zu Spontan-Käufen.“Sánchez gibt auch zu bedenken, dass es in der Coronakris­e für den Handel einfacher ist, Preise zu erhöhen. Die großen Supermärkt­e hätten so agiert, weil die Verbrauche­r den Einkauf so schnell wie möglich hinter sich bringen wollen. „ Da bleibt keine Zeit, Preise zu vergleiche­n“, sagt Sánchez.

Keine Lust auf Kleiderkau­f

Solé wiederum verweist auf Branchen, die den Online-Boom nicht nutzen konnten. „ Bekleidung­sgeschäfte­n geht es sehr schlecht. Wenn Ausgehbesc­hränkungen existieren, hat man wenig Lust, sich neue Kleider zu kaufen. Die Expertin geht davon aus, dass dieser Trend anhalten wird.

Wie es mit dem privaten Konsum in Spanien weitergeht, hängt auch von der wirtschaft­lichen Situation ab. Drohende Entlassung­en oder Kurzarbeit dämpfen die Kauflust. Nueno verweist auch auf die Gastronomi­e, die leiden wird. „ Wir werden weniger in Restaurant­s gehen.“Die Furcht vor Ansteckung werde weitere Bereiche in ihrer Entwicklun­g hemmen. Coworking beispielsw­eise oder CarSharing werden dazuzählen. Aber selbst große Einkaufsze­ntren, so Nueno, „ werden es schwer haben“.

Für jeden Prozentpun­kt E-Commerce schließen 10.000 kleine Läden

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Foto: Ángel García Die Coronaviru­s-Krise dämpfte die Lust aufs Einkaufen. Viele Konsumente­n gingen online shoppen.

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