Sorge im Gepäck
Corona-Pandemie prägt den Urlaub an der spanischen Küste
Strand, Sonne und Corona: Die Costa Blanca lockt Urlauber aus dem In- und Ausland an ihre Strände, doch von woher sie auch kommen, Corona reist irgendwie immer mit. Schon das neue Einreiseformular für Flugreisen erinnert an die Epidemie. Auch greift die Maskenpflicht immer mehr um sich. Die Kommunen von Málaga bis Jávea riegeln die Strände beim ersten Anzeichen von Überfüllung ab. Die frühere Leichtigkeit scheint verflogen, zumal sich krasse Gegensätze zwischen dem Urlaubstreiben und den Bildern von den Infektionsherden wie Lleida auftun, wo betroffene Feldarbeiter in den Straßen vegetieren. Auch die Region Valencia verzeichnet acht Rückschläge.
Valencia/Sevilla/Barcelona
– sk. Das Coronavirus hat Spanien in seiner neuen Normalität eingeholt. Mehr und mehr Urlauber strömen in die Tourismusorte, während immer wieder und immer schneller aufeinander folgende Coronavirus-Infektionsherde aufflammen. Bisher sind die Urlaubsorte mit Ausnahme von Málaga verschont geblieben. Überall mahnen Kommunalpolitiker, die Ansteckungsgefahr von Sars-Cov-2 nicht zu unterschätzen, Abstand voneinander zu halten, an die Atemschutzmasken zu denken und die Hände regelmäßig zu waschen. Am Sonntag etwa mussten Zivilschutz und Ortspolizei bereits vormittags den Zugang zu Buchten in Jávea wegen Überfüllung beschränken. In Andalusien machten 55 Strände dicht.
Derzeit schlägt das Coronavirus in Katalonien und in Galicien zu. Der Kreis Segrià verbucht einen zu steilen Anstieg von Sars-CoV-2Infektionen, vergangene Woche haben sie sich um das 2,6-fache erhöht und 538 erreicht. Am Samstag hat die katalanische Landesregierung das Gebiet, das sich westlich der Hauptstadt und gewissermaßen auf einer imaginären Linie zwischen Barcelona und Zaragoza befindet, isoliert. Niemand soll mehr heraus- und hereinkommen – es sei denn, er geht dort seiner Arbeit nach und wohnt außerhalb des Landkreises, der 2.694 Infizierte seit Beginn der Pandemie verzeichnet. Im Vergleich dazu: Der bisher weitgehend verschonte Kreis Marina Alta bei Dénia (Alicante) kommt auf 197 Infizierte seit Epidemie-Beginn.
Seit Ende des Notstands, Aufnahme der Reisefreiheit und Beginn der neuen Normalität hat Spanien etwa 70 Infektionsherde – also Gruppierungen mit mehr als drei Covid-19-Erkrankten – bekämpfen müssen. Fachleute überraschen diese Rückfälle nicht. „ Es ist alles im Rahmen dessen, was wir erwartet haben“, so der Chef des Corona-Krisenstabes, Fernando Simón. Selbst als sicher geltende Regionen wie Valencia bleiben nicht verschont, in Burjassot endete eine Geburtstagsfeier mit sechs Infizierten, auch im Krankenhaus von Dénia testeten die Ärzte nach einem Covid-freien Monat wieder einen Patienten positiv und am Donnerstag kamen acht Ausbrüche vor allem in Castellón dazu. Diese Fälle machen aus Spanien aber längst kein unsicheres Reiseland.
Nicht nur im Ausland blickt man mit Sorge auf die Entwicklung in Katalonien, auch Spanien sorgt sich um die Ansteckungsgefahr, die von Touristen ausgeht, nicht zuletzt wegen Presseberichten aus Gütersloh und Großbritannien. Die Regierung ersucht Touristen, sich vor der Einreise über das Spain Travel Health-Portal zu registrieren. Dort kann man auch das Formular herunterladen, das man bisher im Flugzeug oder am Flughafen ausfüllen musste, ausfüllen und nicht früher als 48 Stunden vor Abflug abschicken. Der Reisende erhält einen QR-Code für das Smartphone, den er nach der Landung am Flughafen vorzeigen kann (mehr dazu siehe Service).
Am Sonntag zog Galicien mit der zweiten Quarantäne nach Ende des Notstands nach und riegelte den Kreis A Mariña mit etwa 70.000 Menschen vorläufig bis Freitag ab. Amtliche Stellen sprachen von 106 Infizierten, die Ministerpräsident Alberto Núñez Feijóo auf Besuche in „ zwei, drei Kneipen“zurückführte. Im Kreis werden Öffnungszeiten der Gaststätten gekürzt und Menschenansammlungen untersagt. Galicien und das Baskenland haben für Sonntag Landtagswahlen angesetzt.
Derweil schätzt man in Lleida die Zahl der Covid-19-Erkrankten inzwischen auf über 1.500. Die Situation beschrieb Chefepidemiologe Simón „ als sehr besorgniserregend“. Längst lässt sich nicht von einem Cluster sprechen, sondern es handelt sich um 14 Ausbrüche, zehn in Agrarbetrieben, zwei in Seniorenresidenzen, einem in einer Herberge und einem in einem Altstadtbau. Viele Neuausbrüche seit dem Ende des Notstands und dem Eintritt in die neue Normalität am 21. Juni hängen mit sozialen Brennpunkten zusammen. Miserable Arbeitsbedingungen sowie die häufig verbundenen ärmlichen Lebensumstände leisten einer Ausbreitung von Covid-19 Vorschub. Man braucht sich nur die Bilder von den afrikanischen Erntehelfern und ihren Lebensumständen anschauen – erschütternd.
Katalonien habe mit der Isolierung des Landkreises die korrekte Entscheidung getroffen. Trotzdem kamen bis Donnerstag 46 weitere Infizierte dazu. „ Uns wäre lieb gewesen, sie wäre etwas früher gekommen“, sagte Simón. Die katalanische Landesregierung wusste bereits von fünf Ausbrüchen vor dem San-Juan-Feiertag am 23. Juni, an dem viele Sommernachtsfeste stattfinden. Katalonien führte am Donnerstag auch eine allgemeine Maskenpflicht ein, die Balearen ziehen am Samstag nach. Dort muss überall im öffentlichen Raum, drinnen wie draußen, eine Schutzmaske getragen werden, auch wenn der Mindestabstand eingehalten werden kann.
Am Dienstag ging die Zahl der
Neuansteckungen in Segrià im Vergleich zum Vortag von 188 auf 74 zurück. Bis Ende nächster Woche rechnen die Behörden mit insgesamt 3.000 Infizierten in Lleida und Umgebung. Dann wird die Landesregierung in Katalonien absehen können, ob die bisher getroffenen Eindämmungsmaßnahmen, die auf Freiwilligkeit der Bürger beruhen, greifen oder ob ein Ausgehverbot verhängt werden muss. Geschäfte und Restaurants müssen derzeit nicht schließen, die Menschen dürfen ihre Wohnungen verlassen. „ Wir können zum jetzigen Zeitpunkt nichts ausschließen“, sagte Gesundheitsministerin Alba Vergés. Sie rief die Bevölkerung auf, Versammlungen und familiäre Feiern zu meiden.
Fallzahlen in Lleida steigen
Virologen rechnen mit einem langsamen Rückgang der Fallzahlen.
„ Es gibt viele Übertragungsketten, die aktiv sind. Wir müssen dranbleiben und geduldig sein“, sagte Pere Godoy, Leiter des Zentrums für Epidemien in Lleida. Medizinische Fachkräfte erhielten den Aufruf, freiwillig nach Lleida zu gehen. In der 200.000 Einwohner großen Provinzhauptstadt wurde ein Feldlazarett errichtet. Mussten am Samstag noch 38 Covid-Patienten stationär behandelt werden, waren es am Montag 57 und am Donnerstag 82. Elf davon liegen auf der Intensivstation (UCI).
70.000 Leute in A Mariña isoliert wegen Besuchen in zwei oder drei Kneipen