Ausstieg als Selbstläufer
Spaniens Abschied vom Kohlestrom vollzieht sich unaufgeregt
Spanien ist auf bestem Weg, zu den Ländern zu zählen, die am schnellsten den Kohleausstieg bewältigen. So wurden zum 30. Juni auf einen Schlag sieben der 15 aktiven Kohlekraftwerke stillgelegt. An diesem Tag lief die Genehmigung für die Ausnahme von den Emissionsgrenzwerten der EU ab. Für vier weitere Kohlenmeiler haben die Betreiber schon die Schließung beantragt.
Mit deren Stilllegung wird in den kommenden zwei Jahren gerechnet. 2025 wird es wohl keinen in Spanien produzierten Kohlestrom mehr geben. Trotz der Schließung fast der Hälfte der Kohlekraftwerke, muss das Land nicht um seine Stromproduktion fürchten. Es gibt reichlich Kapazitäten.
Verglichen mit dem politischen Gezerre in Deutschland um den Kohleausstieg, vollzieht sich der Abschied von dem umwelt- und klimabelastenden Energieträger in Spanien eher unaufgeregt. Bereits vor eineinhalb Jahren kam das Aus für den Kohleabbau in Spanien. Die letzten Braun- und SteinkohleFörderstätten wurden dichtgemacht. Ohne staatliche Subventionen war deren Überleben nicht mehr möglich, was die EU-Kommission aber untersagte.
Der Ausstieg aus der Kohle ist nicht auf eine Forderung aus der Politik zurückzuführen. Vorgaben der Regierung gibt es keine. Noch nicht einmal vom neuen Ministerium für ökologischen Übergang. Das hatte sich einer Länder-Allianz für den Kohleausstieg verweigert. Das Thema erledigt sich von selbst. Der Betrieb der Kohlekraftwerke in Spanien rechnet sich für Iberdrola, Endesa, Naturgy und Co. einfach nicht mehr.
Die Gründe sind vielfältiger Natur: Zum einen liegt er in der Fokussierung auf Erneuerbare Energien in der Stromproduktion.
Zum anderen im aktuell niedrigen Gaspreis. Spanien verfügt über moderne Gaskraftwerke im kombinierten Zyklus. Der Preisanstieg der Emissionsrechte zählt ebenfalls zu den Gründen. Gerade für Kohlekraftwerke, die viel CO2 ausstoßen, ist der Erwerb der Rechte eine kostenintensive Angelegenheit.
Und schließlich sind die neuen Grenzwerte der EU für den Abgasausstoß der Kraftwerke anzuführen. Die Betreiber hätten spezielle Filter in die betagten Meiler installieren oder eine weitere Verlängerung der Ausnahmegenehmigung in Brüssel beantragen müssen. Beides wäre teuer gekommen. Der Wettbewerbsnachteil der Kohle und die Beschlüsse in Brüssel beschleunigen also den Ausstieg.
Das spiegelt sich auch im sinkenden Anteil an der Stromproduktion wieder. Noch 2018 stammten 14 Prozent des erzeugten Stroms aus der Kohle. Gleichzeitig aber waren die Kohlekraftwerke für 15 Prozent des spanischen Ausstoßes an Treibhausgasen verantwortlich. Schon 2019 sank der Kohleanteil auf rund fünf Prozent. Die Corona-Krise sorgte für einen weiteren Rückgang. Im Mai dieses Jahres war die Kohle nur noch mit 1,4 Prozent an der Stromerzeugung beteiligt. Einige der jetzt stillgelegten Kraftwerke produzierten schon seit Monaten keinen Strom mehr.
„ So wie sich die Dinge entwickeln, glaube ich, dass es 2025 keine Stromproduktion aus Kohle mehr geben wird“, sagt Tatiana Nuño, Spezialistin für Energie und
Klimawandel bei Greenpeace. Andere Quellen des Energiesektors gehen laut „ El País“sogar von einem noch schnelleren endgültigen Kohleausstieg aus.
In den elf Kraftwerken, die geschlossen wurden oder deren Schließung beantragt ist, stehen 2.400 direkte und indirekte Arbeitsplätze auf dem Spiel. In einigen Gemeinden ist das Kraftwerk einziger Arbeitgeber von Bedeutung. Zum einen werden für den Abriss Arbeitskräfte benötigt. Hier bindet die Regierung die Genehmigung an Beschäftigungsgarantien. Zum anderen müssen die Energieunternehmen für die Genehmigung zur Schließung eines Kohlekraftwerk eine alternative Investition in der Region vorweisen. Iberdrola baut in Velilla (Palencia) als Ersatz einen großen Windpark, der mehr Mitarbeiter haben wird als das Kohlekraftwerk.