Debakel in der EU
EU-Schlappe für Spanien: Calviño verliert Wahl zum Vorsitz der Euro-Gruppe
Madrid/Brüssel – sk. Spanien ist mit der Kandidatur der Vizeministerpräsidentin Nadia Calviño für den Vorsitz der Euro-Gruppe gescheitert. Bei der Abstimmung der 19 Wirtschafts- und Finanzminister der EU musste sich die spanische Sozialistin (PSOE) wegen einer Stimme dem irischen Mitbewerber Paschal Donohoe und Vertreter des konservativen Flügels geschlagen geben, der die Nachfolge des scheidenden Portugiesen Mario Centeno antritt.
Wir hatten die zehn Stimmen für unsere Kandidatur, aber jemand hat nicht so abgestimmt, wie er es zuvor angekündigt hatte“, sagte Nadia Calviño. Spekulationen darüber, welches Land in der geheimen, telematischen Abstimmung die Kursänderung vollzogen haben könnte, wollte die 51-Jährige nicht anstellen. Man muss, glaube ich, das Ergebnis so interpretieren, dass die kleinen Länder sich einer Führungsfigur anschlossen, und die Europäische Volkspartei konnte wahrscheinlich einige Liberale auf ihre Seite ziehen. Ich glaube aber nicht, dass Spanien bei dem Ergebnis eine Rolle gespielt hat“, sagte Calviño.
Die Enttäuschung ist groß. Nicht nur, weil Calviños Kandidatur über Parteigrenzen hinweg von Podemos bis zu den Konservativen der PP offiziell unterstützt wurde, auch die spanische Wirtschaft etwa in Gestalt des Arbeitgeberverbands CEOE machte sich in Europa stark für die kompetente Galicierin aus La Coruña. Ihre Niederlage kommt Ministerpräsident Pedro Sánchez im Vorfeld der Verhandlungen über den EU-Krisenfonds ungelegen. Aber ein Schulterschluss mit Deutschland, Frankreich und Italien reicht nicht, zumal in der Euro-Gruppe die Stimme jedes EULands gleichviel zählt und damit die kleinen EU-Länder großen Einfluss haben.
Das ein oder andere EU-Mitglied mag sich daran gestört haben, dass Spanien nach zu viel Macht in der EU greift. Schließlich stellt das Land bereits mit Josep Borrell den Außenbeauftragten der
EU-Kommission und mit Luis de Guindos den Vizepräsidenten der Europäischen Zentralbank.
Mit Paschal Donohoe steht der Vertreter eines Landes an der Spitze der Euro-Gruppe, das steuerpolitisch eine ganz andere Richtung einschlägt als Spanien. Gerade die Iren, aber auch Malta, Zypern und Beneluxländer ziehen mit einer laxen Steuerpolitik große Konzerne an und das bisweilen auf Kosten anderer Mitgliederstaaten. Dagegen machte in der EU gerade Nadia Calviño mobil. Den alten Nord-Süd-Konflikt wollte Calviño in dem Ergebnis aber nicht erkennen. Wir sind nicht in der gleichen Situation wie vor zehn Jahren. Die Länder müssen Strukturreformen machen, Forschung und Entwicklung stärken, die soziale Not bekämpfen das sind Reformen, für die es in Spanien einen sozialen Konsens gibt. Die Verhandlungen sind dafür viel vielseitiger als die Nord-Süd-Achse. Ich glaube schon, dass der Eindruck vorherrscht, dass wir alle im gleichen Boot sitzen.“
Innenpolitisch interpretiert man jede Niederlage von Nadia Calviño als einen Sieg von Pablo Iglesias (Podemos). Die beiden Vizeministerpräsidenten vertreten die beiden politischen Extreme der Koalitionsregierung der Sozialpolitiker und die Wirtschaftspolitikerin.
„Ich glaube, dass der Eindruck vorherrscht, dass wir im gleichen Boot sitzen.“