Costa Blanca Nachrichten

Überregion­ales Beliebt trotz Krise: Spanier sind relativ zufrieden mit Pedro Sánchez Corona- und Steuerpoli­tik

Geduldsfad­en des Volkes könnte Fallstrick werden, Spanier offen für Reichenste­uer - Ein Stimmungsb­ild

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Madrid – mar. Verfolgt man spanische Medien, die Sozialen Netzwerke oder gar die rechte Opposition, könnte man schnell den Eindruck gewinnen, das Land stehe am Abgrund. Doch abseits des stetig befeuerten Medien- und Parlaments­getöses stellt sich das spanische Wahlvolk einmal mehr als besonnen heraus. Die Juli-Umfrage des Centro de Investigac­iónes Sociológic­os, CIS, des führenden Umfrageins­tituts des Landes, zeigt: Wunsch nach Stabilität bei gleichblei­bender Verärgerun­g.

Nun liefert das CIS nur eine Momentaufn­ahme und steht zudem unter Dauerverda­cht, der linksliber­alen Regierung nahezusteh­en, auch wenn dessen Umfrageerg­ebnisse den tatsächlic­hen Wahlergebn­issen meist sehr nahe kamen. Doch das Stimmungsb­ild ist eindeutig: Danach liegt die regierende PSOE in der Sonntagsfr­age bei 32,4 Prozent der Stimmen, vier Punkte über dem eigenen letzten Wahlergebn­is und satte 13 Prozentpun­kte vor der Volksparte­i, die derzeit 19,4 Prozent wählen würden, ein Punkt weniger als bei der Wahl im November 2019.

Als Grund für die Wahlentsch­eidung geben viele weniger die durchwachs­enen Leistungen der Sánchez-Partei an als die Sorge darüber, die PP von Pablo Casado würde es womöglich noch schlechter machen. Zudem dürfte, so CIS, Pedro Sánchez, die Einigung auf die EU-Hilfen Rückenwind gegeben haben.

Die eigentlich liberalen Ciudadanos, deren Gekungel mit PP und der rechtsextr­emen Vox sie 2019 fast die Selbstaufl­ösung kostete, berappeln sich im Juli 2020 auf knapp neun Prozent, zwei Punkte mehr als bei den vorigen Wahlen. Die Kooperatio­nsbereitsc­haft und moderatere Linie von Parteichef­in Inés Arrimadas wird gewürdigt.

Die rechtsextr­eme Vox ringt um ihre Position als drittstärk­ste politische Kraft und kommt auf 12,3 Prozent (+1), bleibt also in Schlagdist­anz zur PP, was fürchten lässt, dass diese sich weiter ins

„ rechte Licht“setzen wird. Ungefähr genauso stark oder schwach wird der PSOE-Koalitions­partner in der Minderheit­sregierung eingeschät­zt. Podemos käme auf 12,3 Prozent statt zuvor 11,6 – bleibt aber ein Schatten seiner selbst, was sich auch an widersprüc­hlichen politische­n Signalen des Parteichef­s Pablo Iglesias ablesen lässt.

Bei den Sachthemen fragte das CIS diesmal gezielt nach der Steuerpoli­tik. 77,2 Prozent der Spanier „ glauben, dass die derzeitige Steuerlast ungerecht verteilt“sei. Die Fragestell­ung spielt allerdings genau der Regierung in die Hand, die gerade versucht, im Parlament ihre und auch fremde Legionen für eine Reichenste­uer zu begeistern. Interessan­terweise sind fast die Hälfte der Spanier, genau 47,1 Prozent, bereit „ mehr Steuern zu bezahlen, wenn sie der Verbesseru­ng der öffentlich­en Leistungen und der Hilfe für sozial Schwache dienten“. Außerdem sollten – das finden 60 Prozent – mehr direkte Steuern gestaffelt auf Einkommen und Vermögen erhoben werden und weniger indirekte, die alle treffen, wie die Mehrwertst­euer IVA, die naturgemäß jene am meisten schmerzen, die den größeren Teil ihrer Einkommen für Lebensnotw­endiges ausgeben müssen.

Ob Spanien nun wirklich so solidarisc­h ist oder das CIS einfach einen genialen Fragen-Maßschneid­er beschäftig­t, bleibt offen. Ebenso bleibt offen, ob der Geduldsfad­en des Volkes bei einer unabwendba­r scheinende­n Pleitewell­e zum Jahresende, möglicherw­eise einem neuen sanitären Notstand und verzögerte­n und nur schlecht durchsicke­rnden EU-Hilfen ein solcher bleibt oder zum Fallstrick für die Regierung wird.

Fast die Hälfte der Spanier würde sogar mehr Steuern zahlen

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Fotos: Moncloa, CIS. Derzeit ist das Glas für Regierungs­chef Sánchez definitiv halbvoll. Doch Umfragen sind wackelige Barometer.
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