Liebe Leser,
angesichts der ständig neuen Reisewarnungen für Spanien bekommen viele Ausländer ein mulmiges Gefühl im Bauch. Das ist normal, einige sorgen sich gar nicht so sehr um die eigene Gesundheit, sondern vielmehr um die Einschränkungen, die damit verbunden sind. Mit einem Mal steht der Familienbesuch zur Disposition oder man steht selbst vor der Frage, ob man Verwandte oder
Freunde in der Heimat besuchen soll, kann und wenn ja, unter welchen Auflagen. Überhaupt übermannt einen bisweilen ein Gefühl von totaler Ungewissheit.
So eine Reisewarnung kommt nicht von ungefähr, sondern von Fachleuten, die nervös werden angesichts der Entwicklung der CoronavirusPandemie in Spanien. Einige von ihnen gehören keiner geringeren Organisation als der Weltgesundheitsorganisation an, nach deren Richtlinien die Corona-Pandemie gehändelt werden soll. In Spanien läuft einiges bei Corona aus dem Ruder, vor allem bei der Früherkennung und Eindämmung. Es besteht aber längst kein Grund zu Panik. Es hat auch nichts mit Panikmache zu tun, über die Entwicklung der Fallzahlen zu berichten. Medien müssen Informationen aus sicheren Quellen wie dem Gesundheitsministerium über die Entwicklung einer Pandemie vor Ort weitergeben. Bis vergangene Woche galt die Marina Alta an der Costa Blanca praktisch als ein Covid-19-freier Ort, nächste Woche wird man die Kreishauptstadt Dénia möglicherweise als einen neuen Hotspot bezeichnen müssen. Binnen Tagen hat sich die Situation umgekehrt. Diese Entwicklung – wir reden immerhin von einer Pandemie – muss man verfolgen können, vor allem, wenn man wegen Vorerkrankungen oder vom Alter her einer Risikogruppe angehört. Das heißt doch nicht, dass Panik verbreitet wird oder man aus Angst vor Corona nicht mehr auf die Straße gehen kann.
Mit Blick auf die Fallzahlen kann sich eigentlich jeder an der Costa del Sol, Costa Cálida und Costa Blanca noch weitgehend sicher vor Corona fühlen. Vorsicht sollte man trotzdem walten lassen. Die Pandemie lässt sich aber nicht allein aus dem Blickwinkel von Fallzahlen beleuchten. Sie betrifft Spanien in allen gesellschaftlichen Bereichen und fast in allen steht das Land schlecht da. Man kann einer CN-Leserin nur Recht geben, als sie auf Facebook anmerkte, wie schlimm das für Senioren in den Residenzen sein muss, dass sie jetzt kaum mehr Besuch empfangen dürfen. Man muss mit den Kellnern Mitleid haben, die nach der Arbeit unter Strom stehen und sich wegen der Sperrstunde kein Feierabendbier mehr gönnen können. Viele trifft Corona bis ins Privatleben, in die kleinsten Bereiche. Und da sollte man vielleicht auch ansetzen, sich mal bewusst machen, dass Sars-CoV-2 uns bis nächstes Jahr begleiten wird. Also lassen wir uns nicht unterkriegen und leben mit dem Virus und den Vorsichtsmaßnahmen. Deswegen aber auf alles zu verzichten und uns überall einzuschränken, kann auf Dauer nur in soziale, kulturelle und wirtschaftliche Verarmung führen. Das ist mit Sicherheit der falsche Weg.