Lizenz zum Tröten
Nach Durchsicht der jüngsten Maßnahmen gegen das Coronavirus in Spanien kann man nur zu dem Schluss kommen, dass es besser wäre, man würde uns gleich wieder komplett einschließen. Die Tourismussaison ist sowieso im Eimer und das bisschen Volkswirtschaft, das geblieben ist, lässt sich bequem auch mit einem Tablet auf dem Balkon abarbeiten.
Mit einem Notstand 2.0 ließen sich nicht nur ermüdende Diskussionen über die Länge von Rauchschwaden im öffentlichen Raum, Tischabstände oder abgesteckte Quarantäne-Planquadrate an Stränden vermeiden, sondern auch die Maskengegner beruhigen. Die bräuchten dann den Tod bringenden Fetzen nicht mehr tragen, weil sie ja nicht mehr raus dürften und könnten sich so voll darauf konzentrieren, ihre WahrheitsRevolution in die Verbal-Urinale der Sozialen Netzwerke abzuschütteln.
Denn was soll man auch ausgehen? Unter den neuen Regeln der ministeriellen Spaßbremse sind jetzt sogar „spontane, amateurhafte musikalische Darbietungen“in Lokalen untersagt worden, weil ja Zivilisten beim Aufstehen vom
Tisch eine Maske aufzusetzen haben. Nur noch echte Profis mit der Lizenz zum Tröten dürfen den Mund unmaskiert öffnen und das Publikum mit ihren wohlklingenden Aerosolen erfreuen. Der Lokalbesucher bekommt mit den neuen Vorgaben hingegen eine ungeahnte Macht: Er braucht nur „Du Amateur!“rufen und schon kommt die Corona-Polizei und macht den Musiker zu einem wirklichen
Alleinunterhalter.