Eine rentable Sache?
Zentralbank stößt mit Bericht die Debatte um eine Rentenreform erneut an
Madrid – tl. Glaubt man der Banco de España, dann ist das Rentnerdasein eine finanziell rentable Sache. In einem Bericht über das spanische Rentensystem kommt die Zentralbank zum Ergebnis, dass die jährliche Rendite einer Rente – abzüglich der Inflation – im Schnitt 3,5 Prozent beträgt. Akkumuliert bedeute dies, dass ein Ruheständler, der im Jahr 2017 aus dem Berufsleben ausgeschieden ist, in seinem Rentnerdasein im Schnitt 74 Prozent mehr an Rente erhält, als er an Beiträgen ins Rentensystem eingezahlt hat. Oder anders ausgedrückt: Für jeden Euro, den er eingezahlt hat, bekommt er als Rentner 1,74 Euro zurück. Wo sonst erhält man derzeit ein derartige Rendite?
Dass diese Rechnung keineswegs die Lebensrealität der Rentner hierzulande widerspiegelt, versteht sich von selbst. So gesehen entbehrt der Bericht nicht einer gewissen Polemik. Was auch gewollt ist. Denn es stimmt, dass die Renten hierzulande schneller wachsen als die Wirtschaft. Was einer der Hauptgründe dafür ist, dass das beitragsfinanzierte Rentensystem aus den Fugen geraten ist. Nicht unschuldig an der Entwicklung ist die frühere Rajoy-Regierung, die Haushaltslöcher gerne mit einem Griff in die Rentenkasse stopfte.
Eine Reform ist also dringend nötig. Zumal es immer mehr Rentner geben wird. Derzeit sind es rund zehn Millionen. 2048, wenn die spanische Baby-Boomer-Generation in den Ruhestand tritt, werden es 15 Millionen sein. Auch steigt die Lebenserwartung. Schon heute genießt ein Rentner seine Rente im Schnitt 21 Jahre lang.
Der finanzielle Aufwand, der nötig ist, um das System im Gleichgewicht zu halten, ist also enorm. „ Die Berechnung der Rentabilität der Rente ist eine nützliche Information, um ihr finanzielles Gleichgewicht zu messen“, meint die Zentralbank.
Mit diesem Papier will Zentralbank-Gouverneur Pablo Fernández de Cos zur Sitzung der Kontrollkommission für den Pakt von Toledo erscheinen. So wird der Staatsvertrag von 1995 genannt, auf dem das Rentensystem beruht. Die Kommission will das Thema Rentenreform angehen und bis Ende September ein Ergebnis vorliegen haben. Dabei soll mehr herauskommen als nur ein Reförmchen wie 2011 mit der schrittweisen Einführung der Rente mit 67 Jahren. Parallel dazu wird sich der Sozialversicherungsminister José Luis Escrivá die Reformvorschläge von Gewerkschaften und Arbeitgebern anhören.
Die Gewerkschaften äußerten schon ihren Unmut über den Bericht. Die Zentralbank, kritisierte UGT-Chef Josep Maria Álvarez, verbreite „ eine Alarmstimmung“, ohne auf die Hintergründe einzugehen. Die wahre Ursache für das finanzielle Loch in der Sozialversicherung sei die Masse an prekären Arbeitsverhältnissen und befristeten Arbeitsverträgen, so Alvarez. Eine Zurücknahme der Arbeitsmarktreform von 2012 sei eine Grundvoraussetzung, um das Rentensystem zu entlasten.
Bericht soll Tür zu der überfälligen Rentenreform öffnen