Einmal abtauchen
Schnorchler und Taucher treffen auf Oktopusse, Seesterne, Moränen und viele weitere wundersame Unterwasser-Lebewesen
Unter Wasser lauert eine neue Welt. Von riesigen Mondfischen bis klitzekleinen Seepferdchen, sie alle nennen die Costa Blanca ihr Zuhause. Besonders die Küste um den Peñón in Calp ist ein wahres Aquarium, aber auch Benidorm, El Campello und die Isla Tabarca lassen die Taucher-Herzen höher schlagen.
Einmal die bunte Unterwasserwelt erkunden, das ist der Traum vieler. Schwimmen inmitten von Schwärmen kleiner Fische, neben bunten Korallen, vielleicht sogar den ein oder anderen gefährlichen Meeresbewohner weit in der Ferne des dunklen Nasses ausmachen. Also Taucherbrille und Schnorchel schnappen, vielleicht noch ein paar Flossen oder Wasserschuhe einpacken und schon geht es los.
Kaum eine Bucht zieht jährlich so viele Schnorchler an wie die Cala Racó in Calp. Zu Füßen des Peñón de Ifach schwimmen hier bereits hunderte kleiner Fischchen an der Wasserkante herum und heißen den Sportler willkommen in der aufregenden Unterwasserwelt des Naturschutzgebietes. Schnell wird das Wasser dann auch schon tiefer, die Dunkelheit nimmt zu, doch die Aussichten werden dabei keinesfalls schlechter. „ Tintenfische, Seesterne und Barrakudas sind nur einige von vielen faszinierenden Unterwasserbewohnern, die im Naturpark vom Peñón herumschwimmen“, weiß José Rafael Simancas, Professor für Meereswissenschaften an der Katholischen Universität von Valencia. Für sein Institut untersucht er die Gewässer im Naturschutzgebiet in Calp.
Normalerweise bringen er und seine Kollegen Informationsschilder am Meeresgrund an, die den Touristen bei der Identifikation der außergewöhnlichsten Fische und Unterwasserpflanzen helfen. Doch das Coronavirus hat auch an der Racó-Bucht seine Spuren hinterlassen. „ Wegen der Infektionslage durften wir dieses Jahr den Unterwasserpfad nicht installieren“, bedauert García March. Eine Touristenattraktion wie der SchnorchelPfad hätte nämlich zu viele Besucher in die kleine Bucht am Sporthafen gelockt, was im Zuge der Coronavirus-Präventionsmaßnahmen ungünstig gewesen wäre. „ Aber nächstes Jahr werden wir wieder durchstarten – hoffentlich mit neuen Subventionen vom Umweltamt in Valencia und mit viel Energie und Leidenschaft“, blickt er optimistisch in die Zukunft.
Doch die Fische können durch Corona natürlich nicht vertrieben werden. „ Ob mit oder ohne Erklärungstafeln, die Unterwasserwelt hier am Naturpark Peñón de Ifach ist einfach einzigartig“, betont der Wissenschaftler. „ Allgemein sind felsige Abschnitte und Steinbuchten besonders gut zum Schnorcheln geeignet, weil sich da viel mehr Meeresbewohner ansiedeln als in sandigen Böden“, erklärt der Biologe. „ Da gibt es Seeannemonen, die unterschiedlichsten Algenarten und auch UnterwasserLupinen. Von diesen Pflanzen ernähren sich viele Fische.“
Mit etwas Glück könne man zwischen den Felsen sogar Seepferdchen antreffen. Diese leben aber meistens weit von den Stränden entfernt. Die geschützte RacóBucht verlassen sollten jedoch nur geübte Schwimmer. Denn die Strömung um Calps charakteristischen Fels herum ist stark, immer wieder müssen Menschen aus den Fluten gerettet werden.
„ Der Vorteil am Schnorcheln ist, dass kaum Vorbereitungen nötig sind“, zeigt sich García als erklärter Schnorchel-Fan. Ein Ausflug in die Unterwasserwelt lasse sich auch leicht mit einem Strandtag kombinieren. „ Die Freiheit ist einfach einmalig. Wer die Luft etwas anhalten kann, ist locker in der Lage, mehrere Meter nach unten zu tauchen“, erklärt er, „ und das ohne schwere Geräte, die einen nach unten ziehen“.
Dabei hat längst nicht nur Calp an der Costa Blanca SchnorchelStrände zu bieten. „ Auch die Isla Tabarca ist ein Unterwasser-Paradies und insgesamt bietet das spanische Mittelmeer unzählige tolle
„Felsbuchten sind am besten zum Schnorcheln geeignet.“
Buchten und Strände, an denen Taucher und Schnorchler Meerestiere beobachten können“, weiß der Meereswissenschaftler.
Aber auch das Tauchen habe seine Vorteile. „ Man kann bis zu eine Stunde unter Wasser bleiben, dadurch kommt man natürlich deutlich tiefer und kann auch viel intensivere Beobachtungen machen“, so die Erfahrungen des Meeresbiologen. „ Mir persönlich gefällt vor allem das Schwebegefühl unter Wasser.“
Ab ins Wasser
Diese besondere Erfahrung ermöglicht das Tauchcenter Celacanto am Hafen von Altea tagtäglich. Bevor es aber unter Wasser geht, steht zuerst die Auswahl und Anprobe des Equipments auf dem Programm. Besonders wichtig ist dabei die Tauchweste, BCD genannt. Dieses Kleidungsstück kann nämlich mit Luft aufgefüllt werden, beziehungsweise kann diese Luft aus der Weste abgelassen werden. Damit regeln Taucher ihr Gleichgewicht unter Wasser. „ Sie sollte locker, aber dennoch stabil sitzen, denn später wird auch die Sauerstoffflasche daran befestigt“, erklärt Francisco Seguro. Er kümmert sich vor allem um den technischen Part des Tauchens, hilft bei der Auswahl der richtigen Ausrüstung und steuert das Motorboot der Schule durch die Gewässer der Sierra Helada. Seine Schwester Rebeca kümmert sich um den sportlichen Teil des Tauchcenters.
Nach etwa 20 Minuten Bootsfahrt in den Gewässern der Sierra Helada, vorbei am Leuchtturm von Albir, taucht hinter den Bergen, zunächst mit nur einem einzelnen Hochhaus, dann immer deutlicher, die Skyline von Benidorm auf.
Davor aber liegt die gleichnamige Insel, unser heutiges Tauchrevier. Die Insel von Benidorm ist einer meiner absoluten Lieblingsplätze zum Tauchen“, fiebert auch Tauchlehrerin Rebeca Seguro auf den Ausflug hin. Nach einer kurzen Abstimmung der Handzeichen und wichtigsten Sicherheitsvorschriften geht es auch endlich los. Die Gruppe besteht aus sechs Tauchern, allesamt Tauchscheininhaber. Unerfahrene Taucher benötigen hingegen eine ausführlichere Einführung, dürfen aber auch ohne Erwerb des Scheins ins Meer.
Für zertifizierte Taucher dauert die Einführung nur etwa fünf Minuten, dann wird die Luft aus der Weste gelassen, tief ausgeatmet und langsam ein Meter nach dem nächsten zurückgelassen. Sobald man komplett von Wasser umgeben ist, verschwindet Benidorm aus der Wahrnehmung, vergessen sind die Hochhäuser, die Freizeitparks oder die Diskos, die sich nur wenige Kilometer entfernt am Ufer verbergen.
Je tiefer es hinuntergeht, desto mehr wird das Gebirge selbst sichtbar. Kleine Felsen und hervorstehende Bögen machen den Tauchgang zu einem wahren Erlebnis. Sie bieten auch Unterschlupf für diverse Meeresbewohner wie zum Beispiel eine Moräne, die im Licht der Taucherlampe von Lehrerin Rebeca Seguro den spitzzähnigen Mund weit aus dem Fels herausstreckt. Auch der ein oder andere Oktopus traut sich zwischendurch aus seinem Versteck. Doch nicht jedes Lebewesen tarnt sich. Bereits knapp unter der Oberfläche warten große Fischschwärme auf die Taucher, überwiegend bestehend aus Brassen, einer im Mittelmeer und der Sierra Helada heimischen, silbrig-grau glänzenden Fischart mit schwarzen Streifen. Sie sind in Gruppen von über hundert Unterwasserbewohnern unterwegs.
Auch die ruhigeren Meeresbewohner leben in dieser Unterwasserwelt. So schwimmen die Taucher auf ihrem Rundweg vorbei an Seesternen, genauer gesagt an Eisseesternen. Unter Wasser macht das „ eisige Gebirge“, seinem Namen alle Ehre, die Temperaturen klettern trotz Außentemperaturen von über 30 Grad nur knapp über 15 Grad.
Diese Kombination aus Landschaft und vielseitigen Unterwasserlebewesen macht die Sierra Helada zu so einem besonderen Tauchgebiet. Farbenfrohe Fische, aufregende Pflanzen, spitze Felsen, runde Bögen – der Taucher weiß gar nicht, wo er zuerst hinsehen soll. Nach dieser faszinierenden Unterwasserwelt ist der Blick auf die Hochhäuser von Benidorm und die Betriebsamkeit an der benachbarten Küste mit ihren Booten und Jetskis beinahe ein Kulturschock.
Nie die Sierra verlassen
Wow, so einen abwechslungsreichen und interessanten Tauchgang hatte ich selten“, schwärmt Juan García aus Madrid. Er hat bereits über zehn Tauchgänge in Spanien absolviert. Und auch der Profi liebt die Sierra: „ In 15 Jahren als professionelle Taucherin habe ich die Sierra Helada nicht verlassen“, erzählt Tauch-Instructor Rebeca Seguro, die den Begriff der Lehrerin nicht gerne hört. „ Ich präsentiere doch nur die Unterwasserwelt und korrigiere niemanden!“, erklärt die passionierte Wassersportlerin. Sie ist sich sicher, jeder kann den Sport erlernen. „ Nach ein paar Übungen kann man sich bereits wie ein erfahrener Taucher unter Wasser bewegen.“Lediglich schwangere Frauen und Kinder unter zehn Jahren dürfen den Sport nicht ausüben.
An welchem Abschnitt des spanischen Mittelmeers man auch immer den Sprung ins – mehr oder weniger – kalte Wasser wagt, man wird mit einer Vielzahl von neuen Eindrücken belohnt.