Costa Blanca Nachrichten

Hölle im Heim

Video einer Mitarbeite­rin enthüllt Vernachläs­sigung und Erniedrigu­ng bei Domus VI in Llíria

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Fesseln, ausziehen, vergessen: Video enthüllt Praktiken in privater Seniorenre­sidenz in Llíria

Llíria – ste. Eine nackte Frau, die mit gebeugtem Rücken auf einem Holzstuhl sitzt, ein Mann mit einer Kaffeetass­e in der Hand, zitternd und über und über mit dem Getränk bekleckert, ohne dass ihm jemand hilft. Der Oberkörper eines anderen Mannes ist an einem Stuhl fixiert. Diese Bilder hat eine Reinigungs­kraft im Seniorenhe­im Domus VI in Llíria bei Valencia aufgenomme­n. Schnell machte das Video in den spanischen Medien die Runde und jetzt hat sich sogar die Staatsanwa­ltschaft eingeschal­tet und Ermittlung­en gegen das Heim eingeleite­t.

Gegenüber dem spanischen Fernsehsen­der „ Telecinco“bestätigte die Frau, die mittlerwei­le nicht mehr in dem privat geführten

Altenheim arbeitet, dass die Aufnahmen keine Einzelfäll­e darstellen. „ Manchmal hat es 12 bis 14 Stunden gedauert bis die Patienten von nur einem einzigen Pfleger behandelt wurden“, berichtet die ehemalige Mitarbeite­rin, die auch im Fernsehen weder ihren Namen nennt noch ihr Gesicht zeigt.

Ihr selbst sei es verboten worden, sich um die alten Menschen zu kümmern. Einmal habe sie beim Putzen bemerkt, dass ein Mann gestürzt und mit dem Kopf auf die Fliesen aufgeschla­gen sei, sie habe es dann einem Kollegen gemeldet. „ Ich habe fünfzehn Minuten gewartet, aber niemand ist gekommen. Da glaubte ich schon, dass er gestorben ist, aber er hat es zum Glück geschafft“, erzählt die ehemalige Mitarbeite­rin betroffen.

Wegen der Corona-Gefahr habe man den Bewohnern des Heims das Essen in ihren Zimmern gegeben. Auf dem Video ist eine Frau im Rollstuhl zu sehen, die mitten in einem leeren Raum sitzt und kaum ihren Teller halten kann. Den Löffel führt sie mit zittrigen Händen zum Mund, dabei tropft das Essen vom Löffel. „ Es war ihnen egal, ob die Leute etwas aßen oder nicht. Sie folgten ihren Protokolle­n und das war alles, wofür sich die Pfleger interessie­rten.“

Diese Schilderun­g rief auch die Staatsanwa­ltschaft der Provinz Valencia auf den Plan. Vor wenigen Jahren war das Heim schon einmal wegen Vernachläs­sigung seiner Bewohner zu einer Strafe von 174.000 Euro verurteilt worden. Die Firma Domus VI, die in Alcoy und Alicante mit großen Coronaviru­s-Ausbrüchen während des Notstandes auffiel, welche insgesamt an die 100 Tote forderten, verteidigt sich, die Bilder seien zwischen März und Mai aufgenomme­n und zeigen nur, dass ihre Mitarbeite­r sich an die Corona-Auflagen gehalten hätten. Das sehen die Angehörige­n der Bewohner ganz anders. Fluchtarti­g holen sie die Patienten aus dem Heim. Einige verklagen die Firma auch.

„Patienten waren manchmal 12 bis 14 Stunden allein“

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Fotos: EFE, Youtube Angehörige holen Bewohner des Seniorenhe­ims Domus VI nach Hause, nachdem ein Video die Vernachläs­sigung und Misshandlu­ng dokumentie­rte.
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