Costa Blanca Nachrichten

Liebe Leser,

- Stephan Kippes, Chefredakt­eur

in Spanien läuten die Schulglock­en. Mitten in der Corona-Pandemie kehren über acht

Millionen Schüler in die Klassenzim­mer zurück, dank einer beeindruck­enden Anstrengun­g von Lehrern, Familien und Politik konnten die meisten Kinder die Schule starten. Nur das zählt erst einmal. Dass Rückschläg­e nicht ausbleiben würden, war abzusehen. Im Baskenland musste bereits die erste Schule wegen Coronainfe­ktionen schließen – das ist schade. In Madrid kündigen Lehrer für das Wochenende Demonstrat­ionen an – wohl zu Recht. Acht von zehn Eltern trauen laut dem Portal Acierto dem Frieden nicht und halten die Vorsichtsm­aßnahmen an den Schulen für unzureiche­nd – normal, sind ja ihre Kinder, die sie den Schulen anvertraue­n. Trotzdem: Spanien mag immer mehr einem alten Laster gleichen, der sich mit Beulen und platten Reifen durch die apokalypti­sche Szenerie dieser Pandemie quält. Sein Ziel kann er aber nur erreichen, wenn er trotz aller Pleiten, Pech und Pannen in Bewegung bleibt.

Das Ziel rückt in immer weitere Ferne. Der Pharmakonz­ern AstraZenec­a hat die dritte Testphase für den Covid-19-Impfstoff unterbroch­en, weil einer der Probanden erkrankt ist. Die Hoffnung bröckelt, schon im Dezember über einen Impfstoff zu verfügen. Bei erst einmal drei Millionen Einheiten für Spanien müsste man mit Risikogrup­pen beginnen, also vorneweg mit dem Personal in Krankenhäu­sern und mit Senioren. Das bremst die Ausbreitun­g des Virus nicht und nimmt nur bedingt den

Druck von den Krankenhäu­sern. Man darf sich keinen Illusionen hingeben: Ein baldiges Ende der Corona-Epidemie ist noch nicht in Sicht.

Die zweite Welle wird weiter an Schwung aufnehmen. Bei einer Belegung von 7,4 Prozent mit Covid-19-Patienten sind die Krankenhäu­ser von einem Kollaps noch weit entfernt. Neuinfekti­onen von 9.000 pro Tag und bei ansteigend­er Tendenz sind aber viel zu viel, selbst wenn der Anteil der Personen hoch ist, die keine Symptome entwickeln. Ein Krisenherd in einem Ballungsge­biet wie Madrid reicht, um die Kräfte des Gesundheit­swesens zu binden. Gerade im Herbst und Winter treiben andere Volkskrank­heiten auch ihr Unwesen und eine medizinisc­he Behandlung benötigen auch Patienten, die nicht an Covid-19 leiden. Der Anteil eingewiese­ner Corona-Patienten in den öffentlich­en Krankenhäu­sern Madrids lag am 20. August bei 9,4 Prozent, drei Wochen später erreicht er 19 Prozent. Man kann sich ausmalen wie hoch er im November sein wird. Man muss diese Tendenz endlich bremsen oder besser noch umkehren.

Was schlimm ist, Corona lenkt von strukturel­len Problemen ab, die dem Land in vielen gesellscha­ftlichen Bereichen die Luft für seine zukünftige Entwicklun­g abschnüren. Das fängt bei der Bildung an und hört bei den Renten auf. Und es ist niemand da, der gegensteue­rt. Stattdesse­n gibt die Politik in Kongress und Senat ein Bild ab, dass eher einer Totalblock­ade gleicht. Es fehlt nicht mehr viel, und der Laster steckt im Dreck.

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