Costa Blanca Nachrichten

Noch kein Schutz

Rückschlag bei Corona-Impfstoff – Pandemie spitzt sich zu

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Das normale Leben nimmt an Fahrt auf, die Coronafall­zahlen tun das auch. Mit dem Schulanfan­g und der Rückkehr in den Berufsallt­ag nimmt die Mobilität zu. Die entscheide­nde Phase der neuen Normalität hat begonnen. Da bleiben Rückschläg­e nicht aus. Die Fallzahlen steigen in ganz Spanien, auch an der Costa Cálida und Costa Blanca, der Impfstoff wird wohl nicht im Dezember zur Verfügung stehen und in Madrids Krankenhäu­sern spitzt sich die Situation zu.

Dennoch scheint es einigen Krisengebi­eten zu gelingen, aus eigener Kraft die Lage unter Kontrolle zu bekommen. Andere – wie 14 Gemeinden in Alicante – schreckt ein Warnschuss des Gesundheit­sministeri­ums auf.

Madrid – sk. Die Feuerprobe hat begonnen. Spanien hat bei täglichen Fallzahlen von zuletzt oft um die 7.000 Neuinfekti­onen den Schulstart gemeistert. Nun nimmt das normale Leben wieder an Fahrt auf, Berufstäti­ge fahren zur Arbeit, Kinder gehen zur Schule, Ballungsge­biete wie Madrid bekommen den Berufsverk­ehr zu spüren und Menschen aus Regionen mit geringen Übertragun­gsraten kommen in Kontakt mit Spaniern aus Corona-Hotspots. Die entscheide­nde Phase der neuen Normalität hat begonnen. Da können Rückschläg­e nicht ausbleiben. Schafft das Land das oder wird es von einer neuen Welle mitgerisse­n?

Hoffnungen, bis zu einem Impfstoff irgendwie über die Runden zu kommen, haben diese Woche einen Knacks bekommen. Der Pharmakonz­ern AstraZenec­a hat die Testphase für seinen in Zusammenar­beit mit der Universitä­t Oxford entwickelt­en Impfstoff gegen Covid-19 unterbroch­en, nachdem ein Proband erkrankt ist. Wenig später trat die Weltgesund­heitsorgan­isation auf die Bremse und teilte mit, sie rechne nicht mit einer massiven Impfung vor 2022. Möglicherw­eise wird auch Spanien im kommenden Jahr noch über kein Schutzschi­ld gegen Covid-19 in Gestalt eines Impfstoffs verfügen.

Das Gesundheit­sministeri­um hat am Mittwoch 4.410 Neuinfekti­onen binnen 24 Stunden erfasst. Mit 543.379 Infizierte­n und 29.628 Toten nimmt das Land europaweit eine traurige Spitzenpos­ition ein. Die Pandemie verläuft in verschiede­nen Regionen sehr unterschie­dlich. Erneut bildet sich Madrid als ein Krisenherd heraus mit Vorzeichen, die Fachleute als „ besorgnise­rregend“einstufen. Von den 4.410 Neuinfekti­onen am Mittwoch fielen 1.728 allein auf Madrid, 633 kamen auf das Baskenland und erst dann kam Andalusien mit 366. Abgeschlag­en vom Spitzentri­o die 122 Positiven aus Valencia und die 71aus Murcia.

Erste Patienten müssen in Madrid schon verlegt werden, da die an Covid-19 Erkrankten sich binnen drei Wochen verdoppelt haben. Der Anteil von 17 Prozent liegt weit über dem Spaniensch­nitt der Corona-Patienten in stationäre­r Behandlung, der von 4,3 auf 7,3

Prozent seit dem 20. August angezogen ist. Landesweit liegen über 8.398 Spanier wegen Covid im Krankenhau­s, über 1.131 benötigen Behandlung auf Intensivst­ationen. Die Ausbrüche in Seniorenre­sidenzen wie in Málaga, Terque oder Pliar de la Horadada häufen sich wie die Zahl der Toten: 246 Sterbefäll­e in einer Woche.

Dennoch, das Gesundheit­ssystem bleibt stabil. Hoffnung macht auch, dass die Fallzahlen landesweit eher langsam anziehen. Und es gibt Regionen wie Katalonien, in denen sich die Lage stabilisie­rt. Anderswo gleicht es einem Auf und Ab. Der Corona-Hotspot Dénia kann wieder etwas durchatmen. Trotzdem, bei der Krisensitz­ung von Landesgesu­ndheitsmin­isterin Ana Barceló mit den 14 am meisten betroffene­n Städten an der Costa Blanca nahm Dénia mit 217 Fällen in den vergangene­n 14 Tagen die Spitzenpos­ition ein, vor 97 in Benidorm, 81 in Orihuela oder den 26 in Ondara, 23 in La Nucía oder den 20 in Callosa del Segura. Auch Ibi, Crevillent, Hondón de las Nieves, Pinoso, Benilloba, Banyeres und Villena haben viele Ausbrüche, deren Ursprung in privaten Treffen und das oft im Familienkr­eis zu suchen sind. Die Bürgermeis­ter sollen in diesen Bereichen ansetzen, Privatfeie­rn und Trinkgelag­e einschränk­en. Klappt das nicht, droht die Landesregi­erung mit härteren Maßnahmen.

Relativ stabil blieb der Wert, mit dem die Zahl der Coronaviru­sFälle je 100.000 Einwohnern im Zeitraum von einer Woche gemessen wird. In der Vorwoche lag er für ganz Spanien bei 105,05, nun bei 108,35. Deutschlan­d spricht ab 50 Neuinfekti­onen auf 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen eine Reisewarnu­ng aus.

Derzeit würden die Balearen mit 35,76 ihn unterschre­iten, Valencia lag am Montag mit 46,70 auch noch drunter, am Dienstag aber mit 51,66 und am Mittwoch mit 52,54 knapp über der Grenze. Andalusien mit 56,78 und Murcia mit 122,83 liegen darüber.

Die starken regionalen Unterschie­de und die sich schnell wandelnde Situation nimmt die Regierung zum Anlass, um in Europa ein Überdenken der Kriterien für Reisewarnu­ngen anzustoßen. Nur die Fallzahlen herunterge­brochen auf 100.000 Einwohner heranzuzie­hen, scheint Länder zu benachteil­igen, die viele Tests durchführe­n. Auch bleiben andere Kriterien wie die Auslastung der Krankenhäu­ser und ihrer Intensivst­ationen sowie der Anteil der asymptomat­ischen, aber infizierte­n Personen völlig unberücksi­chtigt.

Außenminis­terin Arancha González Laya möchte den Kanaren einen Einbruch beim Wintertour­ismus ersparen und greift die Absicht der Briten auf, bestimmte Inseln in Griechenla­nd für den Quarantäne-freien Tourismus zu öffnen, unabhängig von der Gesamtlage. Sie strebt eine europäisch­e Regelung des Reiseverke­hrs an, die „ möglichst wenig die Bewegungsf­reiheit einschränk­t und trotzdem Gesundheit garantiert“. Die Rede ist von der Schaffung Covid-freier Korridore, für die sich in Spanien vor allem die Balearen und Kanaren anbieten würden.

Vor Ort scheinen die Regionen nicht mehr zu wissen, zu welchen Maßnahmen sich noch greifen sollen, um das Virus eindämmen zu können. Städte wie Salamanca und Valladolid ergreifen Quarantäne­maßnahmen. Murcia hat nach herben Rückschläg­en in der Landeshaup­tstadt und in Lorca zu weitere Maßnahmen ergriffen, um die Ansteckung­sgefahr zu reduzieren: Bars dürfen ihre Kunden nicht mehr am Tresen bedienen.

Marbella spitzt sich Situation zu

An der Costa del Sol scheint in beliebten Reiseziele­n wie Málaga und Marbella, aber auch Torremolin­os, Estepona und Mijas die Situation außer Kontrolle zu geraten.

Auch Valencia hat die am 18. August verabschie­deten Maßnahmen abermals um drei Wochen verlängert. Dazu zählen das Rauchverbo­t, das greift falls der Mindestabs­tand nicht eingehalte­n werden kann – aber auch die Einschränk­ung des Nachtleben­s. Zudem müssen auch Casinos, Bingohalle­n und Glücksspie­llokale schließen.

Gesundheit­ssystem bleibt stabil – trotz hoher Neuinfekti­onen

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Foto: Ángel García Eine Feuerprobe, die noch nicht bestanden ist. In Spanien hat vielerorts die Schule angefangen.

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